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Beide Maßnahmen erfordern neue und verbesserte
Einzelprozesse. Die dann herstellbaren kleineren Strukturen führen zu
neuen Problemen, die wiederum neue Prozesse und Technologien erfordern.
Sieht man von der Lithographie ab, so ergeben sich als platzsparende
Maßnahmen im wesentlichen vier Prozesskomplexe, die gegenüber dem
1-MBit-DRAM neu sind.
Grabenkondensator
Wie bereits angedeutet, wurde durch Einbeziehung der
dritten Dimension - der 1-MBit-DRAM wurde noch in Planartechnik
hergestellt - eine ausreichende Kondensatorkapazität in Form eines
Grabens erreicht. Die technologischen Probleme, die dieser
Grabenkondensator mit sich bringt, sind jedoch beachtlich:
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Ätzung der Löcher (Bild 9) - Dotieren der Seitenwände
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Erzeugung des Kondensatordielektrikums
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Herstellung und Dotierung der Polyelektrode im Graben
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Auffüllen des Grabens
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Vermeidung von elektrischen Durchschlägen zwischen
zwei Gräben
Die Beherrschung allein dieses Prozesskomplexes bedingte
einen Aufwand von rund 100 Mannjahren und etwa 3-4 Jahre intensiver
Arbeit.
Dielektrikum
Um eine gleichmäßige Dicke des im Gegensatz zum
1-MBit-DRAM dreidimensionalen Kondensatordielektrikums zu erreichen,
wird ein Sandwich aus thermischem Oxid, abgeschiedenem Nitrid und einem
weiteren thermischen Oxid geformt - abgekürzt ONO. Damit sind die beiden
extrem wichtigen Grenzflächen zwischen Dielektrikum und Silizium erstmal
unverändert, gleichzeitig sorgt das gleichmäßig dicke Nitrid aber für
eine verbesserte Durchschlagfestigkeit und erhöhte
Dielektrizitätskonstante

gleichmäßiges Dieleektrikum
Überlappende Bitleitungskontakte
Beim 4-MBit-DRAM wurden durch einen komplizierten
Prozess die Gates der Transistoren in Oxid eingekapselt, die Verbindung
für die Bitleitungskontakte kann dann so groß sein, dass es die Gates
überlappt - man spricht von Fully Overlapping Bitlilie Contacts (FOBICs).
Ein Sicherheitsabstand wird nicht mehr benötigt, das Bitleitungsraster
kann um etwa 1 µm enger geführt werden. Erkauft wird dieser Platzgewinn
durch etwa 40 zusätzliche Prozessschritte.
Diffusionsbarriere
Um unerwünschte Wechselwirkungen etwa metallurgischer
Art zwischen den Aluminium-Leiterbahnen und dem Siliziumsubstrat zu
verhindern, wurde in den Kontakten zwischen Wortleitung und
Steuertransistor (Bild 10) eine Zwischenschicht aus Titan-Nitrid
eingezogen. Obwohl hier im Grunde genommen nur wenige zusätzliche
Prozessschritte hinzukommen, entstand ein zusätzlicher Mehraufwand in
Höhe von etwa 15-20 Mannjahren.
Kontaktlochabschrägung
Ohne eine Kontaktlochabschrägung würde beim Aufbringen
des Aluminiums durch Sputterverfahren nicht mehr genügend Aluminium an
die Seitenwände und auf den Boden des Kontaktlochs gelangen (Bild 10).
Das Abrunden des Kontaktloches stellt einen weiteren, technisch
schwierigen Prozess dar. Wie auch die Titan-Nitrid-Diffusionsbarriere
ist dieser Schritt eine Konsequenz und nicht eine Maßnahme der
Strukturverkleinerung.
Mit der Verkleinerung der Strukturen werden die Prozesse zunehmend
komplexer. Darüber hinaus werden auch Rückkopplungen der einzelnen
Prozesse auf andere bedeutsam. So kann beispielsweise die Variation
eines bestimmten Einzelprozesses dazu führen, dass für einen anderen
völlig veränderte Voraussetzungen geschaffen werden. Hier setzen dann
die Prozesskontrollen ein. Für Einzelheiten sei der Leser auf [6]
verwiesen.

Bild 10.
Der Kontakt der Wortleitungen zum
Halbleitermaterial wird in den sogenannten Kontaktlöchern realisiert.
Damit nach dem Sputtern genügend Aluminium die Seitenwände und den Boden
des Kontaktlochs bedecken, müssen die Kontaktlöcher abgeschrägt werden.
Der helle Aluminiumfleck ist ein durch die Präparation entstandener
Artefakt. |
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Projektphasen
Von den ersten Entwürfen bis zum fertigen Massenprodukt liegt ein Zeitraum
von etwa vier Jahren.
In der ersten Phase laufen Vorarbeiten bei Designern und Prozessentwicklern;
aus den technologischen Randbedingungen und Möglichkeiten folgen die ersten
Designregeln. Einige Vorversuche zu prozesstechnischen Fragen und die
Simulation diverser schaltungstechnischer Ansätze kumulieren nach etwa
einjähriger Arbeit im First Silicon (Erstes Silizium) eines Testchips.
Dem schließt sich eine Phase an, in der die Design- und Technologiekonzepte
festgelegt werden, von denen allerdings im Einzelfall auch noch abgewichen
werden kann. Die Bemühungen münden nach etwa zwei Jahren in das
First-Silicon-Produktchip. Dieses funktioniert nur eingeschränkt, mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aber nicht vollständig.
Aus der Analyse der Design-Technologie, der Montageprobleme und
Prüftechnikergebnisse resultiert schließlich ein Neudesign. Alternativkonzepte
werden entschieden. Es entstehen Labormuster, die jetzt eingeschränkt, das
heißt, noch nicht unter allen an ein Massenprodukt zu stellenden Bedingungen,
funktionieren.
Die Mühle wird erneut in Gang geworfen, alles wird nochmals - diesmal unter
verschärften Bedingungen - optimiert. Es entstehen Vorserienmuster, die dem
endgültigen Produkt schon sehr nahe kommen und auch zum Testen an gute Kunden
weitergegeben werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sind etwa drei Jahre
verstrichen. Abschließend findet eine Materialschlacht statt. Ziel ist es,
genügend funktionsfähige Chips als Grundlage für statistisch fundierte Tests
zu erhalten, um die Zuverlässigkeit aller technischen Daten für mindestens
zehn Jahre garantieren zu können. Prozesse, Prozesskomplexe und das ganze
Umfeld müssen auf Kosten optimiert und die Ausbeute auf mindestens 10 %
stabilisiert werden. Alles mit dem Ziel, die Qualifikation, dass heißt die
Produktionsfreigabe durch die Qualitätsabteilung zu erhalten und damit in die
Fertigungsphase einzutreten. In der Fertigungsphase wird es wiederum einige
Jahre dauern, bis eine Endausbeute von etwa 80 % erreicht wird.
In den vier Jahren bis zum Anwurf der Produktion wurden aber nicht nur die
geschilderten Entwicklungsaufgaben wahrgenommen. In dieser Zeit wurde bereits
eine neue Fabrik zur Herstellung der Chips gebaut und die ersten Schritte in
Richtung auf die nächste, um den Faktor vier leistungsfähigere
Speichergeneration gemacht. |
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Ausblick In den letzten zwei Jahrzehnten
wurde etwa alle drei bis dreieinhalb Jahre eine neue Speichergeneration mit
vierfacher Leistung entwickelt. Die Frage, ob dies auch in Zukunft so
weitergehen wird, lässt sich aus heutiger Sicht zumindest für die nächsten
fünf Jahre positiv beantworten [7]. Zwar handelt es sich bei den ersten
64-MBitSpeichern, die 1990 vorgestellt wurden, nur um teilfunktionsfähige
Prototypen, die mit der für die Massenproduktion ungeeigneten
Elektronenstrahllithographie hergestellt wurden. Dennoch dürfte unter
Weiterentwicklung der jetzigen Fotolithographie-Techniken bis in den Bereich
des tiefen Ultraviolett (Wellenlängen von weniger als 250 nm) ein
64-MBit-Speicher mit einer Chipfläche von etwa 200 mm2 fertigbar sein. So
schwerwiegend derzeit manche Probleme auch erscheinen mögen - die bisherige
Erfahrung hat gezeigt, dass mit jeweils relativ konservativer
Fertigungstechnik doch noch jede Speichergeneration nach einigen Jahren auf
eine Endausbeute von über 70 % gebracht werden konnte. Auch von der
Nachfrageseite her erschließt ein 64-MBit-Speicher genügend neue Anwendungen,
beispielsweise bei der Verarbeitung hochauflösender Farbbilder, um lohnende
Fertigungsvolumina in Aussicht zu stellen.
Sorgen bereiten den Halbleiterproduzenten allerdings die gewaltigen Kosten,
die der Fortschritt auf dem Speichergebiet mit sich bringt - und das alles in
einem Markt, der durch regelmäßige Preisverfälle von mehr als einer
Größenordnung innerhalb weniger Jahre gekennzeichnet ist! Die Aufwendungen für
Forschung und Entwicklung steigen erfahrungsgemäß mit jeder Speichergeneration
um etwa 50 %, für neue Fertigungsstätten muss sogar jeweils etwa doppelt so
viel investiert werden. Eine 16MBit-DRAM-Fabrik mit einer Monatsproduktion von
10 Millionen Stück erfordert heutigen Schätzungen zufolge über zwei Milliarden
Mark - mit der Aussicht, drei Jahre später für die 64-MBit-Fabrik dann mehr
als 4 Milliarden aufbringen zu müssen ... . Kein Wunder also, dass Kooperation
und Firmenzusammenschlüsse weltweit zunehmen.
Die technischen Grenzen der heutigen Silizium-Mikroelektronik dürften etwa mit
dem 1-GBit-Speicher erreicht sein. Immer fraglicher wird jedoch, ob alles
entwickelbare auch ökonomisch umgesetzt werden kann. Das schon lange
vorhergesagte Ende der optischen Lithographie wird nun beim 256-MBit-DRAM
erwartet. Die Röntgenlithographie als derzeit aussichtsreichste Nachfolgerin
für Massenfertigung von Strukturbreiten unter 0,2 um bedingt aber so
schwerwiegende Änderungen und Mindestinvestitionen, dass die Barriere für
Entwicklung und Produktion in heute schwer vorstellbare Dimensionen wächst. Da
nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein GBit-Chip mit einer Fläche von
etwa 500 mm 2 so genau auf 0,05 µm große Defekte kontrolliert werden kann,
dass die über eine Milliarde Speicherzellen fehlerfrei funktionieren, sind
Designs nötig, die über eingebaute Redundanz fehlertolerant arbeiten. Vieles
was gestern noch Utopie war, ist heute Realität. Wer hätte in den Zeiten der
Kilo-Speicher die Entwicklung der Mega-Generation für möglich gehalten. Auch
der Obergang von der Mega- zur Giga-Generation entspricht einem
Leistungssprung über drei Größenordnungen. Teilnehmen an der Olympiade um die
größten Sprünge werden aber nicht nur die Japaner - auch die Europäer sind mit
von der Partie.
Dr. F. S. Becker, Dr. H. Föll und K Schlüter |
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Literatur [1] Becker, F. S.: „From 4M
to 16M-DRAM Technology - Present Problems and Coming Challenges". Proceedings
of the IV SB MICRO (1989), S. 125. Porto Alegre, Brasil.
[2] Maes, H. E., Groeseneken, C., Lebon, H., Witters, J.: „Trends in
Semiconductor Memories". Microelectronics Journal, Vol. 20, 1-2, S. 9, 1989.
[31 Pribyl, W., Harter, J., Müller, W.: „ Four Megabit Dynamic RAM in
Submicron CMOS Technology with a FOBIC Trench Cell". Siemens Forsch. u.
Entwickl. Ber., Band 16, 6, S. 253. Springer, 1987.
[4] Widmann, D., Mader, K, Friedrich, H.: „Technologie hochintegrierter
Schaltungen". Springer, 1988.
[5] Mitsuhashi, K, Ohtake, K, Koba, M., Awane, K in: „VLSI Science and
Technology", Eds.: Broydo, S., Osborn, C.M. Electrochem. Soc. Proc., Vol 87,
11, S. 557 (1987)
[6} Föll, H., Becker, F. S.: „Industrielle Entwicklung und Fertigung von
Halbleiterbauelementen". Tagungsband „Festkörperforschung für die
Informationstechnik" des 2 LIFF vom 5. bis 16. März, 1990, S. 16.1 bis 16.79.
Institut für Festkörperforschung, KFA Jülich.
[7] Beinvogel, W., Müller, W.: „Advanced Process Features for High Density
DRAMs". Proceedings of Solid State Devices Materials Conference, SSDM, S. 829.
Sendai, Japan, August 1990. |