Apollo Guidance Computer (AGC) - der Bordrechner der Apollo 11-Mission history menue Letztmalig dran rumgefummelt: 29.08.12 20:41:31
Was war die größte wissenschaftliche Leistung des 20. Jahrhunderts? Für die meisten: der Mondflug, der mit den zur damaligen Zeit leistungsfähigsten Computern möglich wurde. Zwar kann heute jedes Auto-Navigationssystem mehr, doch waren die in den Apollo-Kapseln eingesetzten Computer eine technische Spitzenleistung.
Weil besonders günstig, hatte ich die BluRay-Disc Moonshot [1] mit der Geschichte der ersten Mondlandung erworben. Allerdings ist dieses Dokumentationsdrama keine Hollywood-Produktion, sondern ein TV-Spielfilm, der in Deutschland bei Pro 7 lief. Also wurde alles etwas billiger produziert und Original-Archivmaterial mit im Studio gedrehten Szenen kombiniert.

1. Cockpit-Anzeigen
2. Die erste Mondlandung
3. Die Technik des AGC
4. AGC selbst gebaut
5. Verwandte Themen

Computergeschichte

Logo für den AGC

inhaltlich auf korrektem Stand - evtl. partiell unvollständig ;-)

Informatik-Profi-Wissen

Quellen:

Max Perner, DM2AUO in Zeitschrift CQDL - Das Amateurfunkmagazin Heft ??? Seite ???

     

das war in etwa der technische Stand des AGC

LC-80

 

1. Cockpit-Anzeigen history menue scroll up

Die Siebensegmentanzeigen in der Apollo-Kapsel waren wirklich grün. Allerdings waren es keine LEDs. Die gab es damals als Siebensegmentanzeigen nun wirklich noch nicht mal in Rot. Eingesetzt wurden die heute längst vergessenen Elektrolumineszenzfolien, die kapazitiv mit hohen Wechselspannungen anzuregen sind. Anfangs setzte man Relais zum Schalten ein, da die Transistoren damals noch nicht ausreichend spannungsfest waren. Später fanden Thyristoren Verwendung.
Die Apollo-Computer liefen ebenso nicht mit TTL-ICs, wie viele heute glauben. TTL-ICs waren zur Zeit der Entwicklung der Apollo-Computer noch nicht erfunden. Immerhin: Die ersten integrierten Bausteine, sonst zu dieser Zeit nur in Atomraketen zu finden, wurden tatsächlich verwendet. In jenen Tagen ging sogar die Mehrheit der Schaltkreisproduktion ins Apollo-Projekt. Andererseits war die Entwicklung wiederum konservativ, um die Bauteileverfügbarkeit über das gesamte Apollo-Projekt sicherzustellen.
Steuertafel von APOLLO 11 Bedienkonsole im EAGLE

Blick in das Cockpit der Mondlandefähre von Apollo 11 am 14.9.1968; neben den auch in einem Flugzeug zu findenden Schaltern und Anzeigen ist direkt zwischen den vorderen Steuerelementen der Apollo Guidance Computer (AGC) zu sehen

 

DSKY Einheit (Display/Keyboard) des AGC in der Apollo Bedienkonsole

Steuertafel von APOLLO 11 Bedienkonsole im EAGLE

Auf der Bedienkonsole aufgedruckte Liste der Befehlscodes

Der berüchtigte AGC-Computerausstieg-Fehler 1201/1202 bei der Landung von Apollo 11

als Szene aus dem Computerspiel 3D Eagle Lander

Belegung der Display-Keyboard-Einheit


2. Die erste Mondlandung history menue scroll up
Die Computer in den Bodenstationen der Apollo-Mission waren 1969 zwar längst ausreichend leistungsfähig, doch zum Steuern der Mondlandung nur begrenzt geeignet. Grund dafür war, dass die einfache Laufzeit bei der Funkübertragung auf der Entfernung Erde-Mond über 1 s erreicht. Hinzu kam, dass hinter dem Mond keine Funkverbindung möglich ist. Außerdem hätte die Sowjetunion die Funkverbindungen sabotieren können, so eine Befürchtung - immerhin war das Apollo-Projekt ja ein wichtiger Baustein beim Wettrennen der beiden Supermächte auf dem Weg ins All.
Mission APOLLO 11

APOLLO 11 Mission

Mondlandefähre von Apollo 11 im Mare Tranquillitatis

Edwin „Buzz" Aldrin auf dem Mond; im Vordergrund eines der Stützbeine der Landefähre

Das im Orbit um den Mond verbleibende Kommandomodul und die eigentliche Mondfähre waren also mit den dafür entwickelten Apollo Guidance Computern (AGC) autark zu steuern. Im Notfall ließ sich dies auch manuell bewerkstelligen. Auf den letzten Metern der Landung von Apollo 11 übernahm Neil Armstrong auf diese Weise die Steuerung, um noch einige im Wege liegende Gesteinsbrocken zu überfliegen und einen ebenen Landeplatz zu wählen. Zuvor hatte der Bordcomputer infolge Überlastung mehrfach die von den Astronauten gestarteten Berechnungsprogramme abgeschaltet und neu gestartet. Die Ursache: Neben dem Landeradar war noch für Notfälle das zum Andocken am Kommandomodul bestimmte Rendezvous Radar eingeschaltet gewesen, das beim Anfordern von Rechenkapazität eine höhere Priorität hatte.
Der Start von Apollo 11 von Cape Canaveral, Florida (damals: Cape Kennedy), erfolgte am 16.7.1969. Nach drei Tagen erreichte man die Mondumlaufbahn und setzte die Mondfähre am 20.7.1969 um 2017 UTC im Mare Tranquillitatis (lat. für Meer der Ruhe) auf.
Vor dem Rückflug stellte sich heraus, dass beim Aussteigen durch Buzz Aldrins Rucksack ein Schalter abgebrochen worden war und mit einem Kugelschreiber betätigt werden musste - Computerprobleme traten dagegen nicht mehr auf. Die Kommandokapsel mit den drei Astronauten landete am 24.7.1969 um 1650 UTC wieder auf der Erde, im Pazifik.
Tatsächlich hatte jede Apollo-Crew bei der Landung in einer Höhe von etwa 100 m bis 200 m die manuelle Steuerung (AGC-Programm P67) übernommen, obwohl der AGC die Landung bis zum Boden (Programm P66) automatisch hätte durchführen können. Der Grund hierfür waren meist die am automatisch gewählten Landeplatz ungünstig liegenden Felsen und andere Unebenheiten. Allerdings trauten die Astronauten der Automatik auch nicht so recht.
Die einzelnen Programme für den Landeanflug bei fortschreitender Annäherung der Mondfähre an die Mondoberfläche wurden
der Reihe nach aufgerufen [3], siehe auch Tabelle.
Die Apollo Guidance Computer in den in der Mondumlaufbahn verbleibenden Kommandokapseln und die der Landemodule waren von der Hardware her gleich aufgebaut. Es wurde nur, den unterschiedlichen Berechnungsaufgaben angepasst, jeweils eine andere Software eingespielt. Ihre Entwicklung hatte bereits 1961 begonnen. Sie gelten heute als erste „embedded Computer", da sie optisch für die Astronauten nicht als eigenständige Computer in Erscheinung traten, sondern nur als Bestandteil der Steuerung. Zur Eingabe von Befehlen dienten zweistellige Zahlencodes.

Programmtabelle des AGC


3. Technik des AGC history menue scroll up
Hersteller des AGC war das Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die Schaltkreise steuerte der amerikanische Halbleiter-Militärlieferant Raytheon bei. Die Computer bauten auf NOR-Gattern mit je drei Eingängen auf, welche in RTL (Widerstands-Transistor-Logik) aufgebaut waren. Diese ging der DTL (Dioden-Transistor-Logik) und der TTL (Transistor-Transistor-Logik) voraus. Letztere ist heute am bekanntesten, da sie eine sehr weite Verbreitung erlangte, über das wohl komplexeste Sortiment verfügt und selbst heute noch gegenüber der stromärmeren CMOS-Logik eine höhere Geschwindigkeit aufweist.
RTL war dagegen noch eine ursprünglich diskret aufgebaute Technik, die für die Raumfahrt lediglich aus Platz- und Zuverlässigkeitsgründen in Schaltkreise verlagert wurde. Die AGCs wurden dazu aus ersten raumflugtauglichen Computernavigationssystemen weiterentwickelt, welche die US-Atomraketen Polaris und Minuteman steuerten.
Es gab zwei Bauweisen. Der AGC-Block I bestand aus 4100 ICs in T047-Gehäusen mit je einem Dreifach-NOR-Gatter. Im Block 11 fanden jeweils zwei dieser Gatter in einem IC im kleineren Flatpack-Gehäuse Verwendung. Durch die Platzersparnis konnte die Gatteranzahl des AGC-Blocks II auf 5600 erhöht werden. Zudem waren die Flatpack-Gehäuse zuverlässiger.
Block 1 wurde nur bis 1966 benutzt, also in keiner bemannten Mondmission. Mit Apollo 7 kam Block II, der nun auf allen Mondmissionen bis Apollo 17 Verwendung fand. Die Schaltkreise waren nicht auf Platinen verlötet, sondern in Drahtwickeltechnik (engl.: Wire Wrap) verdrahtet und die Baugruppe anschließend noch in Epoxidharz vergossen, da dies eine höhere Zuverlässigkeit versprach.
Die Rechner benutzen 16-Bit-Zahlen, wovon ein Bit für das Vorzeichen und eines für die Paritätsprüfung abgingen.
RAM (wiederbeschreibbarer Speicher mit freiem Zugriff, engl.: Random-Access Memory) und ROM (nur lesbarer Speicher, engl.: Read Only Memory) hatten eine Kapazität von 2 KB bzw. 48 KB im Block I und 4 KB bzw. 64 KB im Block II. Sowohl der RAM als auch der ROM waren als Ringkernspeicher ausgeführt. Beim ROM bestimmte das Durchführen des Drahtes durch den Ringkern oder an ihm vorbei, ob das betreffende Bit eine 1 oder 0 sein sollte.
Dass der ROM ebenfalls als Ringkernspeicher ausgeführt war, ist eine Spezialität des AGC. Hier konnten bis zu 64 Drähte durch einen Kern gefädelt werden, was Platz sparte - beim RAM selbstverständlich nur einer. Die im ROM gespeicherte Software wurde also von einer Damenriege wortwörtlich handgestrickt bzw. eingefädelt. Die Programme waren später nicht mehr änderbar.
Außerdem musste die Programmierung Monate vor der Verwendung erfolgen und absolut fehlerfrei sein. Zumindest Verdrahtungsfehler konnten in Tests zwar ermittelt werden. In einem solchen Fall war der Speicher jedoch wertlos und musste neu gebaut werden.
Die Taktfrequenz des AGC betrug 1,024 MHz. In Assembler programmiert waren immerhin acht gleichzeitig laufende Prozesse möglich - Multitasking ist somit nicht erst seit neueren Tagen möglich. Der AGC benötigte einen Strom von 2,5 A bei einer Versorgungsspannung von 28 V.

Logik-Gatter des AGC


4. AGC selbst gebaut history menue scroll up
Wer sich in das Thema vertiefen möchte, kann im Internet einerseits auf AGC-Simulationen zurückgreifen, wie beispielsweise bei [4] zu finden. Andererseits kann er die AGC-Hardware nachbauen - selbstverständlich nicht mit Originalbauteilen, doch mit äquivalenter Funktion. Ein derartiges Projekt ist bei [5] beschrieben.
Für etwa 3000 US-$ hat John Pultorak hier den AGC-Block I mit LS-TTL-ICs nachgebaut. Passende NASA-Originalschaltbilder des AGC sind bei [6] zu finden. Die Landung der Mondfähre selbst inklusive der Bedienung des AGC kann wiederum mit dem auf [7] angebotenen Programm 3D Eagle Lander nachgespielt werden - nicht als grüne Vektorgrafik, wie auf den ersten Computerspielen, sondern in Farb- und 3D-Grafik. Die Version mit den letzten Minuten der Apollo-11-Landung ist kostenlos. Für knapp 25 US-$ ist eine erweiterte Version des 3D Eagle Landers erhältlich.
Unter [8] ist das komplette Handbuch des S-Band-Funksystems (2,2 GHz) als 27 MB große PDF-Datei verfügbar. Dieses System wurde bei den Apollo-Missionen verwendet. Wer wiederum mehr von den eigentlichen Mondlandungsmissionen Apollo 11 bis Apollo 17 sehen will, dem seien die unter [9] speziell dafür zusammengestellten Missionsseiten mit den Originalfunkprotokollen, Fotoaufnahmen und vielen anderen interessanten Erinnerungsstücken empfohlen. d12mcd@gmx.net
Literatur und Bezugsquellen
[1] Dale, R.: Moonshot - Der Flug von Apollo 11. BluRay-Disc, Polyband & Toppic Video/WVG 2009; Bezug: u. a. Amazon, http://amzn.tolkucjE0
[2] Roth, W. D., DL2MCD: Konrad Zuse: Zum 100. Geburtstag des Computererfinders. FUNKAMATEUR 59 (2010) H. 7 S. 704-705
[3] Collect Space: Lunar landings. http://collectspace.com/ubb/Forum29/HTML/000024.html
[4] Burkey, R.: Virtual AGC - AGS - LVDC - Genuni Project. www.ibiblio.org/apollo
[5] Latest Space News: Build your own Apollo Guidance Computer. http://echoesofapollo.com → Resources - Apollo Guidance Computer
[6] NASA Office of Logic Design: Apollo Guidance Computer (AGC) Schematics. http://klabs.org/historylechlagc_schematicslindex.htm
[7] Eagle Lander 3D: www.eagielander3d.com
[8] NASA: Proceeding of theApollo Unified S-Band System. http://history.nasa.gov/alsj/alsj-NASA-SP-87.html
[9] NASA: Apollo Lunar Surface Journal. http://history.nasa.gov/alsj

5. Verwandte Themen history menue scroll up

Im Begriff Wide-Aera Network läuft ja nun eigentlich technisch die gesamte Informatik zusammen - können und wollen wir gar nicht alles bedienen - aber einiges haben wir und stellen es als Denkanstoß auf diesen Links zur Verfügung. Schnell ist man natürlich im Innenleben der Netzwerke - nur für ganz harte Burschen geeignet ;-)
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© Samuel-von-Pufendorf-Gymnasium Flöha © Frank Rost am 26. Februar 2012 um 9.53 Uhr

... dieser Text wurde nach den Regeln irgendeiner Rechtschreibreform verfasst - ich hab' irgendwann einmal beschlossen, an diesem Zirkus (das haben wir schon den Salat - und von dem weiß ich!) nicht mehr teilzunehemn ;-)

„Dieses Land braucht eine Steuerreform, dieses Land braucht eine Rentenreform - wir schreiben Schiffahrt mit drei „f“!“

Diddi Hallervorden, dt. Komiker und Kabarettist

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