 |
Knossos, die bedeutendste Stadt der minoischen
Kultur, an der Nordküste ►Kretas,
etwa fünf Kilometer südöstlich des heutigen Iraklion.
Der Begriff ►minoisch
ist von Minos abgeleitet, dem Namen eines sagenhaften Königs von Knossos.
Nach der griechischen Mythologie ließ er an seinem Herrschersitz von dem
Baumeister ►Dädalus
in Knossos ein ►Labyrinth
errichten, in dem er den ►Minotauros
gefangen hielt. Mit Hilfe der Minos-Tochter ►Ariadne
gelang es schließlich dem griechischen Helden ►Theseus,
den Minotauros, der Jahr für Jahr je sieben junge Männer und Jungfrauen als
Opfer forderte, zu töten und nach vollbrachter Tat wieder aus dem Labyrinth
zu entkommen. In der Nähe der Stadt befand sich die Diktaiische Grotte, wo
der griechische Gott ►Zeus
geboren sein soll.
Besiedelt war die Gegend um Knossos bereits seit dem Neolithikum; um 4000 v.
Chr. entstand wohl die erste Siedlung an der Stelle des späteren Knossos.
Auf dieser neolithischen Siedlung wurde in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts v. Chr. der erste große und bedeutendste minoische Palast
errichtet, um den herum sich eine Stadt entwickelte. Im 17. Jahrhundert v.
Chr. wurde der Palast durch ein Erdbeben zerstört, jedoch bald wieder
aufgebaut. Im 15. und 14. Jahrhundert v. Chr. erlitt der Palast erneut
Schaden durch Erdbeben und kriegerische Einwirkung: Um 1400 v. Chr. drangen
Achaier aus Mykene nach Kreta ein und übernahmen hier die Herrschaft. In
hellenistischer Zeit war Knossos die mächtigste Stadt Kretas. Zu ihrer
größten Blütezeit um die Mitte des 16. Jahrhunderts v. Chr. dehnte sich die
Stadt Knossos über eine Fläche von etwa 75 Hektar aus und dürfte über 50 000
Einwohner gehabt haben, der Palastkomplex selbst erstreckte sich über knapp
zwei Hektar. Der Hafen von Knossos war in der Antike Herakleion (Iraklion).
Ende des 19. Jahrhunderts n. Chr. wurden erste Versuche unternommen, die
alten Palaststätten auszugraben. Die Hauptausgrabungen begannen im Jahr 1900
unter der Leitung des britischen Archäologen Sir Arthur Evans. Der von ihm
entdeckte, freigelegte und teilweise rekonstruierte Komplex stammt aus dem
16. Jahrhundert v. Chr.
Zentrum der Palastanlage war der 53 Meter lange, rechteckige, in
Nord-Süd-Richtung verlaufende Mittelhof, um den herum sich die zwei- bis
fünfstöckigen Palastgebäude gruppierten. Die Haupteingänge befanden sich im
Norden und im Süden. Im Erdgeschoss des Westflügels lagen, zur Hofseite
gerichtet, der repräsentative Thronsaal mit dem Greifenfresko, ein
dreiteiliges Heiligtum sowie weitere Räume, und entlang eines parallel zum
Innenhof verlaufenden Ganges reihten sich eine Unzahl von Vorratskammern
auf. Über eine breite Treppe im Südteil des Westflügels gelangte man in das
Obergeschoss, das sich in Loggien zum Innenhof hin öffnete und über mehrere
Pfeilersäle verfügte. Der Nordteil des Ostflügels wurde von Werkstätten und
Vorratsräumen eingenommen, im Südteil lagen verschiedene Wohnräume, u. a.
die „Gemächer des Königs” und die „Gemächer der Königin”; zu Letzteren
gehörte auch ein Baderaum mit Badewanne und wassergespültem Klosett. Viele
der Räume waren mit Fresken ausgestattet, die sich durch Farbenfreude,
Sinnlichkeit und Naturhaftigkeit auszeichnen. Die Unzahl von Räumen, Hallen,
Gängen, Treppen und Lichtschächten, der komplizierte Grundriss insgesamt
legen die Vermutung nahe, dass der Minotauros-Mythos mit dem Labyrinth
nichts anderes beschreibt als die Palastanlage von Knossos selbst.
© 1993-2003 Microsoft Corporation. Alle Rechte
vorbehalten. |