Maria Stuarts umstrittenes Verschwinden aus der Geschichte |
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Letztmalig dran rumgefummelt: 20.02.20 08:57:26 |
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Die Geschichte um Maria Stuart ist ein Beleg dafür, wie Ränke und Intrigen die Politik der Renaissance bestimmten. Es ging nicht um Recht, Glauben oder Legalität - es ging um Macht, Geld und Territorien. | ||||||||
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Um das Jahr 1586 war Philipp II. König von Spanien. Er hatte das Weltreich
seines Vaters, Karls V., übernommen, das Reich, zu dem Spanien, Sizilien
und Unteritalien gehörten, alle Habsburger Besitzungen und darüber hinaus
noch die spanischen Kolonien, die sich rund um den Globus verteilten. So
hatte Karl V. voller Stolz ausrufen können: «In meinem Reich geht die
Sonne nicht unter!» Als 1527 sein Sohn Philipp geboren wurde, zehn Jahre
nachdem Luther seine Thesen an das Portal der Schlosskirche zu Wittenberg
geschlagen hatte, begann sich der Protestantismus in den Ländern Europas
zu etablieren. Auch der Züricher Pfarrer Ulrich Zwingli stellte sich gegen
die päpstliche Lehre, und in der französischen Schweiz folgte ihm Johannes
Calvin, dessen reformierte Kirche sich nach Frankreich, in die
Niederlande, nach England und Schottland ausbreitete. Die Niederlande,
noch in spanischem Besitz, ließ Philipp II. durch seinen Halbbruder Don
Juan von Österreich verwalten, der schon 1571 in der Schlacht von Lepanto
zusammen mit den Italienern den Katholizismus erfolgreich gegen die Türken
verteidigt hatte. Nun, in die Niederlande versetzt, sah er es auch hier
als seine wichtigste Aufgabe an, das katholische Dogma vor evangelischen
Ketzereien zu schützen. In England hatte sich Heinrich VIII. bereits in den dreißiger Jahren mit dem Papst überworfen, nachdem dieser seine Zustimmung zur Annullierung der Ehe mit Katharina, einer Tante Karls V., und zur anschließenden Hochzeit mit einer Hofdame verweigert hatte. Daraufhin erklärte sich Heinrich zum Oberhaupt der englischen Kirche und zwang die Geistlichkeit, ihn anstelle des Papstes als Autorität anzuerkennen. Damals entstand die anglikanische Kirche, die sich eng an die Lehren Calvins anschloss. Die Reform wurde vor allem unter der Herrschaft von Heinrichs Tochter Elisabeth I. durchgesetzt. So entwickelte sich England zur stärksten protestantischen Macht. Auch in Schottland hatte Calvins Lehre Anhänger gefunden. Bei einem Aufstand war die katholische Königin Maria Stuart vertrieben worden. Sie fand Zuflucht im Land ihrer Verwandten Elisabeth, doch war das Verhältnis zwischen den beiden gespannt. Die Katholiken im Lande meinten, eigentlich sei Maria die rechtmäßige Königin von England, was dazu führte, dass Elisabeth sie zwanzig Jahre lang unter Hausarrest stellte. Maria Stuart soll eine attraktive Frau gewesen sein, doch war dies sicher nicht der einzige Grund, weshalb Don Juan erwog, mit seinen Truppen in England zu landen, Maria zu heiraten und mit ihr an Elisabeths Stelle das Land zu regieren. Diesen Wunschtraum teilte er in seinen Briefen auch anderen mit, natürlich in verschlüsselter Form, doch das half ihm nichts: Offenbar hatte er nicht mit dem englischen Geheimdienst gerechnet. Zur Zeit Elisabeths I. waren in England so viele Intrigen und Verschwörungen im Gange, dass eine geheime Polizei notwendig war, um das Staatswesen zu erhalten. Ihren Aufbau organisierte Elisabeths Minister Sir Francis Walsingham. Schon Jahre zuvor war er während einer Reise durch Italien auf die Bedeutung der Verschlüsselung gestoßen, die dort eine lange Tradition hatte. Er schuf eine Organisation, die allein auf dem Kontinent dreiundfünfzig Geheimagenten stationiert hatte. Wie nützlich das war, sollte sich bald zeigen. Einem Edelmann in den Niederlanden, der sich eingehend mit Geheimschriften befasst hatte, wurde in jener Zeit ein chiffrierter Brief zugespielt. Innerhalb eines Monats gelang ihm die Entschlüsselung. Der Brief stammte von Don Juan d'Austria, der darin seinen Traum offenbarte, England zu erobern. Einer von Walsinghams Leuten in Holland erfuhr vom Inhalt des Briefes und erstattete dem Minister Bericht, der daraus den Schluss zog, dass es nunmehr höchste Zeit sei, Maria Stuart effektiver zu überwachen. Zufälligerweise erreichte ihn zur gleichen Zeit das Gesuch eines Häftlings namens Gilbert Gifford, der ihm seine Dienste anbot. Nachdem dieser seine Strafe abgesessen hatte, nahm sich Walsingham seiner an und gab ihm den Auftrag, das Geschehen um Maria Stuart zu beobachten. Es gelang, Gifford als Boten in Marias Personal einzuschleusen. 1586, Maria war nun schon zwanzig Jahre in englischer Gefangenschaft, ersann einer ihrer Anhänger den Plan, Elisabeth zu ermorden und dadurch einen Aufstand der englischen Katholiken auszulösen, mit dem Ziel, Maria zur Königin von England zu krönen. Auftragsgemäß schmuggelte der Bote Gifford alle Briefe Marias und ihrer Gefolgsleute aus dem Schloss heraus. Doch vorher fertigte er stets Kopien der verschlüsselten Nachrichten an, die er Walsingham brachte. Diesem stand ein versierter Kryptologe zur Seite, der die Briefe rasch dechiffrieren konnte. In einem Schreiben an den Urheber des Mordkomplotts soll Maria angeblich der Unternehmung Erfolg gewünscht haben. Mit der Entzifferung dieses Satzes war ihr Schicksal besiegelt. Zuerst nahmen Walsinghams Leute die Männer fest, die den Mord planten. Dann wurde die Königin Schottlands des Hochverrats angeklagt. Es ist nie geklärt worden, ob die Häscher, die bei Marias Verhaftung in ihrer Wohnung zahlreiche verschlüsselte Briefe vorfanden, ihr nicht auch gefälschte Dokumente untergeschoben haben. Maria jedenfalls beteuerte ihre Unschuld bis zuletzt. Am 8. Februar 1586 wurde sie auf das Schafott geführt. Der Henker musste dreimal zuschlagen, bis er ihr Haupt vom Körper getrennt hatte. |
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1. Zur Geschichte 2. Der Stuart-Code 3. Marias Code wird geknackt 4. Marias Hinrichtung 5. Die historischen Quellen |
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Quellen: | ||||||||
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1. Zur Geschichte |
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Das Babington-Komplott |
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Am 24. November 1542 vernichteten die englischen Truppen Heinrichs VIII. in
der Schlacht von Solway Moss das schottische Heer. Es sah ganz so aus, als
wäre Heinrich auf bestem Wege, Schottland zu erobern und König Jakob V. die
Krone zu entreißen. Nach der Schlacht erlitt der verzweifelte schottische
König einen schweren seelischen und körperlichen Zusammenbruch und zog sich
in den Palast von Falkland zurück. Selbst die Geburt seiner Tochter Maria
nur zwei Wochen später konnte die Lebensgeister des leidenden Königs nicht
wieder beflügeln. Als hätte er auf die Nachricht von der Geburt eines Erben
gewartet, um in Frieden und in der Gewissheit sterben zu können, seine
Pflicht getan zu haben, starb der König nur eine Woche nach Marias Geburt im
Alter von nur dreißig Jahren. Die kleine Prinzessin Maria war nun die
Königin der Schotten. Maria war vorzeitig zur Welt gekommen, und anfangs herrschte beträchtliche Angst um ihr Leben. In England waren schon Gerüchte im Umlauf, das Kind sei gestorben, doch am englischen Hof schenkte man nur allzu gerne allem Glauben, was auf eine Schwächung Schottlands hindeutete. In Wahrheit kam Maria bald zu Kräften und wurde am 9. September 1543 in der Kapelle von Stirling Castle gekrönt, im Kreise von drei Earls, die an ihrer Statt die königliche Krone, das Zepter und das Schwert trugen. Weil Königin Maria noch so jung war, ließ der Eroberungsdruck der Engländer gegen Schottland eine gewisse Zeit lang nach. Es hätte als unehrenhaft gegolten, wenn Heinrich VIII. versucht hätte, das Land eines jüngst verstorbenen Königs zu unterwerfen, das unter der Herrschaft einer Kinderkönigin stand. Statt dessen beschloß der englische König, Maria zu umwerben in der Hoffnung, eine Ehe zwischen ihr und seinem Sohn Edward arrangieren zu können und damit die beiden Nationen unter einem Tudor-Regenten zu vereinen. Er begann seine Winkelzüge mit der Freilassung der schottischen Edelmänner, die bei Solway Moss in Gefangenschaft geraten waren, unter der Bedingung, dass sie sich für eine Union mit England einsetzten. Der schottische Hof erwog zwar zunächst Heinrichs Angebot, doch dann verwarf er es zugunsten einer Heirat Marias mit Franz, dem Dauphin von Frankreich. Schottland entschied sich damit für ein Bündnis mit einer ebenfalls katholischen Nation, was Marias Mutter, Maria von Guise, entgegenkam, deren eigene Heirat mit Jakob V die Verbindung zwischen Schottland und Frankreich unverbrüchlich festigen sollte. Maria und Franz waren noch Kinder, doch es war geplant, dass Franz eines Tages den Thron besteigen und Maria seine Königin sein sollte, um damit Schottland und Frankreich zu vereinen. In der Zwischenzeit sollte Frankreich Schottland gegen den englischen Ansturm verteidigen. Das Schutzversprechen war beruhigend, besonders da Heinrich VIII. nun von der Diplomatie auf Einschüchterung überging, um den Schotten nahe zulegen, dass sein eigener Sohn eine lohnendere Partie für Maria Stuart wäre. Seine Truppen unternahmen Raubzüge, zerstörten Ernten, brannten Dörfer nieder und griffen Städte und Dörfer entlang der Grenze an. Die »rauhe Brautwerbung«, wie es hieß, wurde nach Heinrichs Tod im Jahr 1547 fortgesetzt. Unter Führung seines Sohnes, König Eduard Vl. (dem Möchtegern-Gatten), fanden die Attacken ihren Höhepunkt in der Schlacht von Pinkie Cleugh, in der das schottische Heer vernichtend geschlagen wurde. In der Folge dieses Gemetzels beschloss man, dass Maria zu ihrer Sicherheit nach Frankreich gehen solle, wo sie vor der englischen Bedrohung sicher war und sich auf ihre Heirat mit Franz vorbereiten konnte. Am 7. August 1548 stach das Schiff mit der sechsjährigen Maria in See und landete beim bretonischen Dorf Roscoff. Marias erste Jahre am französischen Hof waren die geruhsamste Zeit ihres Lebens. In Sicherheit und umgeben von Luxus wuchs sie auf und lernte dabei ihren künftigen Gatten, den Dauphin, kennen und lieben. Mit sechzehn Jahren heirateten sie, und im folgenden Jahr wurden Franz und Maria König und Königin von Frankreich. Alles schien auf eine triumphale Rückkehr nach Schottland hinzudeuten, doch dann wurde ihr Mann, der immer von schwacher Gesundheit gewesen war, schwer krank. Eine Ohreninfektion, unter der er seit seiner Kindheit gelitten hatte, verschlimmerte sich, die Entzündung griff auf das Gehirn über und führte zu einem Abszess. Im Jahre 1560, ein Jahr nach der Krönung, starb Franz, und Maria war Witwe geworden. Seit dieser Zeit trafen Maria immer wieder tragische Schicksalsschläge. Sie kehrte 1561 nach Schottland zurück, wo sie eine verwandelte Nation vorfand. Während ihrer langen Abwesenheit hatte Maria ihren katholischen Glauben gefestigt, ihre schottischen Untertanen jedoch hatten sich zunehmend der protestantischen Kirche zugewandt. Maria duldete die Wünsche der Mehrheit und herrschte anfangs recht erfolgreich, doch als sie 1565 Heinrich Stewart, den Earl von Darnley, heiratete, war dies der Anfang ihres unaufhaltsamen Niedergangs. Darnley war ein hinterhältiger und brutaler Mann, dessen rücksichtslose Machtgier Maria die Treue des schottischen Adels kostete. Im Jahr darauf wurde Maria Zeugin der fürchterlichen Auswüchse des barbarischen Wesens ihres Gemahls, als dieser vor ihren Augen David Riccio, ihren Sekretär, ermordete. Jedem wurde klar, daß man Darnley loswerden mußte, um Schottland zu retten. Es ist eine offene Frage, ob Maria selbst oder die schottischen Adligen die Verschwörung in Gang setzten, doch in der Nacht des 9. Februar 1567 wurde Darnleys Haus gesprengt, und als er versuchte zu fliehen, wurde er erwürgt. Das einzig Gute, das dieser Heirat entsprungen war, war der Sohn und Erbe Jakob. Marias nächste Heirat, mit James Hepburn, dem vierten Earl von Bothwell, war kaum erfolgreicher. Schon im Sommer 1567 waren die protestantischen Adligen von ihrer katholischen Königin restlos enttäuscht. Sie schickten Bothwell ins Exil, setzten Maria gefangen und zwangen sie, zugunsten ihres vierzehn Monate alten Sohnes Jakob Vl. abzudanken, während ihr Halbbruder, der Earl von Moray, als Regent fungierte. Ein Jahr später, 1568, floh Maria aus der Gefangenschaft, stellte ein Heer von 6000 Royalisten zusammen und unternahm einen letzten Versuch, die Krone wiederzugewinnen. Ihre Soldaten stellten sich dem Heer des Regenten bei dem kleinen Dorf Langside entgegen, und Maria beobachtete die Schlacht von einem nahen Hügel aus. Obwohl ihre Truppen zahlenmäßig überlegen waren, mangelte es ihnen an Disziplin, und Maria mußte zusehen, wie sie auseinandergerissen wurden. Als die Niederlage unvermeidlich war, ergriff sie die Flucht. Der Weg nach Osten zur Küste und dann weiter nach Frankreich hätte nahegelegen, doch dann hätte sie einen Landstrich durchqueren müssen, dessen Bewohner ihrem Halbbruder ergeben waren. So wandte sie sich nach Süden, England zu, in der Hoffnung, ihre Kusine Königin Elisabeth I. würde ihr Obhut gewähren. Maria hatte sich fürchterlich geirrt. Elisabeth hatte Maria nur erneute Gefangenschaft zu bieten. Der offizielle Grund dafür war ihre Verstrickung in den Mord an Darnley, doch in Wahrheit stellte Maria eine Gefahr für Elisabeth dar, denn englische Katholiken betrachteten sie als die wahre Königin von England. Durch ihre Großmutter, Margaret Tudor, die ältere Schwester von Heinrich VIII., hatte Maria in der Tat Anspruch auf den Thron, doch Heinrichs letzter noch lebender Nachkomme, Elisabeth I., schien den Vorrang zu haben. Aus Sicht der Katholiken jedoch saß Elisabeth zu Unrecht auf dem Thron, weil sie die Tochter von Anna Boleyn war, der zweiten Gemahlin Heinrichs nach seiner gegen den päpstlichen Willen vollzogenen Scheidung von Katharina von Aragon. Die englischen Katholiken erkannten Heinrichs Scheidung nicht an, sie hießen seine folgende Heirat mit Anna Boleyn nicht gut und akzeptierten natürlich auch nicht ihre Tochter Elisabeth als Königin. Die Katholiken hielten Elisabeth für eine uneheliche Usurpatorin. Maria verbrachte ihre Gefangenschaft in verschiedenen Schlössern und Palästen. Zwar hielt Elisabeth ihre Kusine für eine der gefährlichsten Personen in England, doch viele Engländer bekundeten offen, daß sie ihre sanfte Art, ihre erstaunliche Klugheit und ihre große Schönheit bewunderten. William Cecil, Erster Minister Elisabeths, sprach von ihrer »klugen und hinreißenden« Kunst, die Männer zu unterhalten, und Nicholas White, der Gesandte Cecils, stellte Ähnliches fest: »Sie besitzt durchaus verlockenden Charme, einen hübschen schottischen Akzent und einen forschenden Verstand, durchdrungen von Sanftmut.« Doch Jahr um Jahr verging. Ihre Schönheit verblasste, ihre Gesundheit nahm Schaden, und sie verlor zusehends die Hoffnung. Ihr Bewacher, Sir Amyas Paulet, ein Puritaner, war ihren Reizen nicht zugänglich und behandelte sie zunehmend roher. Im Jahre 1586, nach achtzehn Jahren Haft, hatte sie alle Vorrechte verloren. Man hielt sie in Chartley Hall in Staffordshire gefangen, und sie durfte nun nicht mehr die Bäder von Buxton aufsuchen, die ihre häufigen Krankheiten immer wieder gelindert hatten. Bei ihrem letzten Besuch in Buxton schrieb sie mit einem Diamanten eine Botschaft auf eine Fensterscheibe: »Buxton, dessen warme Wasser deinen Namen berühmt machten, vielleicht werde ich dich nie mehr wieder sehen - leb wohl.« Offenbar hatte sie damit gerechnet, alle kleinen Freiheiten zu verlieren, die sie noch genoss. Ihr neunzehnjähriger Sohn, König Jakob Vl. von Schottland, verschlimmerte noch Marias Trauer. Sie hatte immer gehofft, eines Tages fliehen zu können, um nach Schottland zurückzukehren und die Macht mit ihrem Sohn zu teilen, den sie zum letzten Mal gesehen hatte, als er noch ein einjähriges Kind gewesen war. Allerdings hegte Jakob für seine Mutter keine zarten Gefühle. Erzogen hatten ihn Marias Feinde, und sie hatten ihm eingeprägt, dass seine Mutter seinen Vater ermordet habe, um ihren Liebhaber zu heiraten. James hasste sie und fürchtete, sie wolle nur zurückkehren, um den Thron an sich zu reißen. Seinen Hass auf Maria bewies er damit, dass er keine Skrupel hatte, eine Heirat mit Elisabeth 1. anzustreben, der Frau, die für die Gefangenschaft seiner Mutter verantwortlich war (und dreißig Jahre älter war als er). Elisabeth lehnte das Ansinnen ab. Maria schrieb Briefe an ihren Sohn, mit denen sie ihn auf ihre Seite ziehen wollte, doch sie gelangten nie zur schottischen Grenze. Inzwischen war es um Maria einsamer geworden als je zuvor; alle Briefe, die sie schrieb, wurden beschlagnahmt, und alle für sie bestimmte Post wurde von ihrem Bewacher verwahrt. Marias Moral war auf dem Tiefpunkt, und es schien, als wäre alle Hoffnung verloren. Und dann, am 6. Januar 1568, in dieser schweren und hoffnungslosen Zeit, erhielt sie einen Packen erstaunlicher Briefe. Sie stammten von Marias Anhängern auf dem Kontinent. Zu ihr in die Gefangenschaft geschmuggelt hatte sie Gilbert Gifford, ein Katholik, der England 1577 verlassen hatte und am englischen Kolleg in Rom zum Priester ausgebildet wurde. Bei seiner Rückkehr nach England 1585 war er offenbar ganz erpicht darauf, Maria zu Diensten zu sein, und wandte sich sofort an die französische Botschaft in London, wo sich ein ganzer Stapel Korrespondenz angesammelt hatte. Wenn man sie auf offiziellem Wege zustellen würde, das wusste man in der Botschaft, dann würde Maria die Briefe nie zu sehen bekommen, und man war von Giffords Angebot, die Briefe nach Chartley Hall zu schmuggeln, durchaus beeindruckt. Diese Lieferung war die erste von vielen, und Gifford trat nun als eine Art Kurier auf, der Maria die Botschaften überbrachte und auch ihre Antworten mitnahm. Dabei stellte er sich recht pfiffig an. Er nahm die Briefe mit zu einem ortsansässigen Brauer, der sie in einen Lederumschlag wickelte und diesen dann in einem ausgehöhlten Spund verbarg, mit dem man damals ein Bierfass versiegelte. Dann lieferte der Brauer das Bier nach Chartley Hall, wo einer von Marias Dienern den Spund in Augenschein nahm und den Inhalt der Königin der Schotten überbrachte. Unterdessen heckte man in den Wirtshäusern Londons einen Plan zu Marias Rettung aus, von dem sie nichts wusste. Die Fäden der Verschwörung liefen bei Anthony Babington zusammen, der mit seinen vierundzwanzig Jahren in der Stadt bereits gut bekannt war als hübscher, charmanter und geistreicher Bonvivant. Seinen damaligen Bewunderern entging allerdings, das er das Establishment zutiefst haste, weil es ihn, seine Familie und seinen Glauben verfolgt hatte. Die katholikenfeindliche Politik des Staates hatte neue Dimensionen des Schreckens erreicht; man beschuldigte die Priester des Verrats, und jeder, der ihnen Obdach bot, wurde auf die Folterbank gestreckt, verstümmelt und bei lebendigem Leib ausgenommen. Die Messe wurde offiziell verboten, und Familien, die dem Papst treu blieben, zwang man unter eine unerträgliche Steuerlast. Babingtons Has wurde noch angestachelt durch den Tod seines Urgroßvaters Lord Darcy, der wegen seiner Beteiligung am Pilgerzug der Gnade, einem katholischen Aufstand gegen Heinrich VIII., geköpft wurde. |
2. Der Stuart-Code |
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Der Code Maria Stuarts war eine Mischung aus Chiffre und Codes, wobei er in sich und für seine Zeit ziemlich komplex war. Heute würden wir von einem mächtigen Algorithmus sprechen auch war der Schlüssel sehr sicher. Das Verfahren war jedoch monoalphabetisch und damit wiederum leicht angreifbar. |
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Maria Stuarts Geheimnomenklatur - sie besteht aus einem Alphabet und Codewörtern |
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Das von Thomas Phelippes gefälschte Postscriptum, welches Marias Nachricht hinzugefügt wurde Die Abbildung oben zeigt das Postskriptum, das zu Marias Brief an Babington hinzugefügt wurde. Es kann anhand von Marias Nomenklator (oben) entschlüsselt werden und ergibt folgenden Klartext: Lasse mich die Namen Deiner treuen Helfer wissen. |
3. Marias Code wird geknackt |
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Das war nicht der erste Erfolg des Geheimdienstchefs Walsingham, seiner Majestät Elizabeth I. Bereits die spmischen gesandten am Hofe von Elizabeth beschwerten sich darüber, dass alle Informationen aus Spanien Walsingham eher bekannt waren, als ihnen. |
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Die Verschwörung begann an einem Abend im März 1586, als Babington und sechs
seiner Vertrauten im einem Londoner Wirtshaus, dem »Pflug«, zusammentrafen.
Der Historiker Philip Caraman schildert das Geschehen: „>Er zog dank seines
außergewöhnlichen Charmes und seiner Persönlichkeit viele junge katholische
Gentlemen in seinen Bann, galant wie er selbst, abenteuerlustig und
wagemutig, wenn es um die Verteidigung des katholischen Glaubens in Zeiten
der Bedrängnis ging, und zu jedem gefährlichen Unternehmen bereit, das die
gemeinsame katholische Sache voranbringen konnte.« In den nächsten Monaten
entstand ein ehrgeiziger Plan, Maria Stuart zu befreien, Königin Elisabeth
umzubringen und einen Aufstand anzuzetteln, der durch eine Invasion von
außen unterstützt werden sollte. Die Verschwörer kamen überein, dass das Babington-Komplott, wie es später genannt wurde, nicht ohne den Segen Marias ausgeführt werden durfte, doch es gab scheinbar keine Möglichkeit, mit ihr Verbindung aufzunehmen. Dann, am 6. Juli 1586, stand Gifford vor Babingtons Tür. Er überbrachte ihm einen Brief von Maria, in dem sie schrieb, sie habe über ihre Anhänger in Paris von Babington gehört und freue sich auf eine Botschaft von ihm. Babington schrieb ihr einen ausführlichen Brief, in dem er seinen Plan darlegte und auf die Exkommunikation Elisabeths durch Papst Plus V im Jahr 1570 hinwies, die seiner Meinung nach das Attentat rechtfertigte: Zur Beseitigung der Usurpatorin, deren Exkommunikation uns von der Gehorsamspflicht entbunden hat, stehen sechs Edelleute zur Verfügung, allesamt gute und verlässliche Freunde von mir, die dank ihres Eifers für die katholische Sache und des Willens, Ihrer Majestät zu dienen, diese tragische Hinrichtung ausführen werden. Wie schon zuvor steckte Gifford die Botschaft in den Spund eines Bierfasses, um sie an Marias Bewachern vorbeizuschmuggeln. Dies lässt sich als steganographisches Vorgehen betrachten, denn der Brief wurde verborgen. Als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme verschlüsselte Babington den Brief, so dass er, selbst wenn er von Marias Aufseher abgefangen würde, unverständlich wäre und die Verschwörung nicht auffliegen würde. Für die Verschlüsselung wählte er keine einfache monoalphabetische Substitution, sondern einen Nomenklator, wie ihn Abbildung 7 zeigt. Er bestand aus 23 Symbolen, die für die Buchstaben des Alphabets (ohne j, v und w) standen, sowie 36 Symbolen für Wörter oder Sätze. Zusätzlich gab es vier Füller oder »Nullen« (siehe Abbildung) und ein Symbol (6), das anzeigte, dass das folgende Symbol für einen Doppelbuchstaben stand (»dowbleth«). Gifford war noch jünger als Babington, und dennoch erwies er sich als furchtloser und beflissener Bote. Unter seinen Decknamen, etwa Mr. Colerdin, Mr. Pietro oder Mr. Cornelys, konnte er durchs Land reisen, ohne Verdacht auf sich zu ziehen, und seine Beziehungen zur katholischen Gemeinde verhalfen ihm zu einer Reihe sicherer Unterkünfte zwischen London und Chartley Hall. Jedesmal allerdings, wenn Gifford nach Chartley Hall reiste oder von dort kam, machte er einen Umweg. Nur scheinbar stand er nämlich in Marias Diensten; in Wahrheit war er ein Agent der anderen Seite. Schon 1585, vor seiner Rückkehr nach England, hatte Gifford an Sir Francis Walsingham, den Sicherheitsminister Königin Elisabeths, geschrieben und ihm seine Dienste angeboten. Gifford war klar, dass sein katholischer Hintergrund eine perfekte Tarnung wäre, um in die Verschwörungszirkel gegen Königin Elisabeth einzudringen. In einem Brief an Walsingham schrieb er: »Ich habe von Ihrer Arbeit gehört, und ich möchte Ihnen dienen. Ich habe keine Skrupel und fürchte keine Gefahr. Was immer Sie mir befehlen, ich werde es ausführen.« Walsingham war Elisabeths skrupellosester Minister. Er war eine machiavellische Gestalt und als Agentenführer für die Sicherheit der Monarchin verantwortlich. Von seinem Vorgänger hatte er ein kleines Netz aus Spionen übernommen, das er rasch auf den Kontinent ausdehnte, wo viele Verschwörungen ausgeheckt wurden. Nach seinem Tod wurde entdeckt, dass er regelmäßig Berichte aus zwölf französischen Orten erhalten hatte, dazu aus neun deutschen, vier italienischen und drei holländischen. Zudem saßen seine Informanten in Konstantinopel, Algier und Tripolis. Walsingham rekrutierte Gifford als Spion, und tatsächlich war es Walsingham, der Gifford befahl, in der französischen Botschaft vorstellig zu werden und seine Dienste als Kurier anzubieten. Folglich brachte Gifford die Botschaften, die er bei Maria abgeholt hatte, erst einmal zu Walsingham. Der wachsame Agentenführer leitete sie an seine Fälscher weiter, die die Briefsiegel erbrachen, eine Abschrift anfertigten und den Originalbrief dann mit einem perfekt gefälschten Stempel versiegelten, bevor sie ihn an Gifford zurückgaben. Die scheinbar unberührten Briefe konnten dann Maria oder ihren Korrespondenzpartnern zugestellt werden, die keine Ahnung hatten, was vor sich ging. Als Gifford Walsingham den Brief Babingtons an Maria vorlegte, ging es zuerst darum, ihn zu entschlüsseln. Walsingham stellte Thomas Phelippes als seinen Geheimsekretär ein, einen Mann »von kleiner Statur, mager in jeder Hinsicht, mit dunkelgelbem Haar auf dem Kopf und hellgelbem Bart, das Gesicht von Pockennarben zerfressen, kurzsichtig und dem Anschein nach um die dreißig Jahre alt«. Phelippes war ein Sprachwissenschaftler, der Französisch, Italienisch, Spanisch, Latein Grunde ihr eigenes Todesurteil. Sie schrieb offene Worte über Babingtons »Vorhaben« und legte besonderen Wert darauf, noch vor oder während des Attentats auf Elisabeth befreit zu werden. Andernfalls könnte ihrem Bewacher die Nachricht zu Ohren kommen, und sie liefe Gefahr, umgebracht zu werden. Bevor der Brief zu Babington gelangte, machte er seinen üblichen Umweg über Phelippes. Da er die erste Botschaft schon entschlüsselt hatte, dechiffrierte er mühelos auch die neue, las ihren Inhalt und setzte ein »II« hinzu - das Zeichen für den Galgen. Walsingham hatte jetzt genügend-Beweise in der Hand, um Maria und Babington zu verhaften, doch noch immer war er nicht zufrieden. Um die Verschwörung mit der Wurzel auszureißen, brauchte er die Namen aller Beteiligten. Er bat Phelippes, ein Postskriptum zu Marias Brief zu fälschen, das Babington veranlassen würde, die gewünschten Namen zu enthüllen. Phelippes war auch ein begnadeter Fälscher, es hieß, er könne »in der Handschrift eines jeden Menschen schreiben, wenn er sie einmal gesehen hatte, als ob dieser Mensch selber geschrieben hätte«. und Deutsch beherrschte - und vor allem war er einer der besten Kryptoanalytiker Europas. Kaum hatte er eine Botschaft an oder von Maria erhalten, nahm Phelippes sie unter seine Fittiche. Er war ein Meister der Häufigkeitsanalyse, und es war nur eine Frage der Zeit, bis er die Lösung fand. Er stellte fest, wie oft jeder Geheimbuchstabe vorkam und probierte dann vorsichtig einen möglichen Klartextbuchstaben aus. Wenn ein bestimmter Versuch nur Unsinn ergab, fing er von neuem und mit anderen Klartextbuchstaben an. Schrittweise machte er die Füller ausfindig, das Blendfeuerwerk der Kryptographie, und legte sie beiseite. Am Ende blieb nur noch die Handvoll Codewörter, deren Bedeutung aus dem Zusammenhang erschlossen werden konnte. Phelippes entschlüsselte Babingtons Botschaft an Maria, in der unzweideutig die Ermordung Elisabeths vorgeschlagen wurde, und schickte den verhängnisvollen Text umgehend an seinen Meister. An diesem Punkt hätte Walsingham sofort die Schlinge um Babingtons Hals zuziehen können, doch er wollte mehr als die Hinrichtung einer Handvoll Rebellen. Geduldig wartete er ab, in der Hoffnung, Maria würde antworten, die Verschwörung absegnen und sich damit selbst zur Mittäterin machen. Schon lange wünschte Walsingham den Tod Maria Stuarts, doch er wusste, dass es Elisabeth widerstrebte, ihre Kusine hinrichten zu lassen. Wenn er allerdings beweisen konnte, dass Maria Stuart einen Anschlag auf das Leben Elisabeths guthieß, dann würde seine Königin die Hinrichtung ihrer katholischen Rivalin gewiß erlauben. Am 17 Juli antwortete Maria und unterschrieb damit im Grunde ihr eigenes Todesurteil. Sie schrieb offene Worte über Babingtons »Vorhaben« und legte besonderen Wert darauf, noch vor oder während des Attentats auf Elisabeth befreit zu werden. Andernfalls könnte ihrem Bewacher die Nachricht zu Ohren kommen, und sie liefe Gefahr, umgebracht zu werden. Bevor der Brief zu Babington gelangte, machte er seinen üblichen Umweg über Phelippes. Da er die erste Botschaft schon entschlüsselt hatte, dechiffrierte er mühelos auch die neue, las ihren Inhalt und setzte ein »II« hinzu - das Zeichen für den Galgen. Walsingham hatte jetzt genügend Beweise in der Hand, um Maria und Babington zu verhaften, doch noch immer war er nicht zufrieden. Um die Verschwörung mit der Wurzel auszureißen, brauchte er die Namen aller Beteiligten. Er bat Phelippes, ein Postskriptum zu Marias Brief zu fälschen, das Babington veranlassen würde, die gewünschten Namen zu enthüllen. Phelippes war auch ein begnadeter Fälscher, es hieß, er könne »in der Handschrift eines jeden Menschen schreiben, wenn er sie einmal gesehen hatte, als ob dieser Mensch selber geschrieben hätte«. Abbildung unten zeigt das Postskriptum, das zu Marias Brief an Babington hinzugefügt wurde. Es kann anhand von Marias Nomenklator (Abbildung ebenfalls unten) entschlüsselt werden und ergibt folgenden Klartext: Ich wüßte gern den Namen und den Rang eines jeden der sechs Männer, die den Plan ausführen sollen, denn nur so wird es möglich sein, Ihnen weitere Ratschläge in dieser Frage zukommen zu lassen. Ferner bitte ich Sie, mir von Zeit zu Zeit zu berichten, wie es um Ihre Pläne steht, und mir so bald wie möglich mitzuteilen, welche Personen von dem Vorhaben unterrichtet sind. Babington mußte bald nach Erhalt der Nachricht ins Ausland gehen, um die Invasion vorzubereiten, und um einen Pass zu erhalten, musste er sich in Walsinghams Ministerium melden. Dies wäre der ideale Zeitpunkt gewesen, um den Verräter festzusetzen, doch der zuständige Beamte, John Scudamore, hatte natürlich nicht erwartet, dass sich der meistgesuchte Verräter Englands in seinem Büro melden würde. Scudamore hatte keine Hilfe zur Verfügung, und um Zeit zu gewinnen, nahm er den ahnungslosen Babington mit in ein nahe gelegenes Gasthaus, während sein Gehilfe eine Gruppe Soldaten auftrieb. Binnen kurzem wurde im Wirtshaus eine Nachricht abgegeben, in der Scudamore angewiesen wurde, Babington sofort zu verhaften. Dieser jedoch konnte einen kurzen Blick auf das Blatt werfen. Er erhob sich mit der beiläufigen Entschuldigung, er wolle nur eben sein Bier und sein Essen bezahlen, und ließ Schwert und Mantel am Tisch. Er kam jedoch nicht zurück, sondern entwischte durch die Hintertür und entkam, erst nach St. John's Wood und dann nach Harrow. Er versuchte seine Erscheinung zu ändern, schnitt sich das Haar kurz und befleckte seine Haut mit Walnusssaft, um seine aristokratische Herkunft zu verbergen. Zehn Tage lang gelang es ihm, der Gefangennahme zu entgehen, doch am 15. August waren Babington und seine sechs Mitverschwörer gefangen und wurden nach London gebracht. Kirchenglocken im ganzen Land läuteten zur Feier dieses Triumphs. Ihre Hinrichtungen waren äußerst grauenhaft, wie der elisabethanische Historiker William Camden schreibt: »Sie wurden gehenkt und noch lebend wieder heruntergeholt, dann schnitt man ihre Geschlechtsteile ab, kochte sie bei lebendigem Leib und vierteilte sie.« Unterdessen war Maria Stuart und ihrer Entourage am 11. August das außergewöhnliche Privileg gewährt worden, auf den Ländereien von Chartley Hall auszureiten. Als Maria das Moor überquerte, sah sie in der Ferne einige Reiter, und sie glaubte sofort, es wären Babingtons Männer, gekommen, um sie zu retten. Bald jedoch wurde klar, dass diese Männer nicht gekommen waren, um sie zu befreien, sondern um sie zu verhaften. Maria war in das Babington-Komplott verstrickt und wurde nach dem »Gesetz für die Sicherheit der Königin« angeklagt, das 1585 eigens zur Abwehr solcher Verschwörungen eingeführt worden war. |
4. Marias Hinrichtung |
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Der Prozess fand in Fotheringhay Castle statt, einem düsteren, bedrückenden
Gebäude inmitten der endlosen Marschlandschaft der Fens in East Anglia. Er
begann am Mittwoch, dem 15. Oktober, vor zwei Lordrichtern, vier
beisitzenden Richtern, dem Lordkanzler, dem Schatzminister, Walsingham und
verschiedenen Earls, Rittern und Baronen. Im Hintergrund des Gerichtssaals
gab es Platz für die Zuschauer, etwa die örtlichen Dorfbewohner und die
Diener der Würdenträger, alle erpicht darauf mitzuerleben, wie die
gedemütigte schottische Königin um Vergebung bat und um ihr Leben flehte.
Allerdings blieb Maria während des ganzen Prozesses würdevoll und gefasst. Zu
ihrer Verteidigung bestritt sie vor allem jede Verbindung zu Babington.
»Kann ich verantwortlich sein«, rief sie aus, »für die verbrecherischen
Pläne einiger verzweifelter Männer, die sie ohne mein Wissen und meine
Beteiligung ausgeheckt haben?« Ihre Aussage hatte wenig Gewicht, verglichen
mit der Beweislast gegen sie. Auch am zweiten Prozesstag leugnete Maria jedes Wissen vom Babington-Komplott. Am Ende überließ sie es den Richtern, über ihr Schicksal zu entscheiden, wobei sie ihnen im voraus ihre unvermeidliche Entscheidung verzieh. Zehn Tage später wurden sie gehenkt und noch lebend wieder heruntergeholt, dann schnitt man ihre Geschlechtsteile ab, kochte sie bei lebendigem Leib und vierteilte sie.« Unterdessen war Maria Stuart und ihrer Entourage am 11. August das außergewöhnliche Privileg gewährt worden, auf den Ländereien von Chartley Hall auszureiten. Als Maria das Moor überquerte, sah sie in der Ferne einige Reiter, und sie glaubte sofort, es wären Babingtons Männer, gekommen, um sie zu retten. Bald jedoch wurde klar, dass diese Männer nicht gekommen waren, um sie zu befreien, sondern um sie zu verhaften. Maria war in das Babington-Komplott verstrickt und wurde nach dem »Gesetz für die Sicherheit der Königin« angeklagt, das 1585 eigens zur Abwehr solcher Verschwörungen eingeführt worden war. ter trat die Sternkammer in Westminster zusammen und kam zu dem Schluss, Maria habe »seit dem 1. Juni mit Leidenschaft die Vernichtung der Königin von England betrieben«. Sie empfahl die Todesstrafe, und Elisabeth unterschrieb das Todesurteil. Am B. Februar 1587 versammelte sich in der Großen Halle von Fotheringhay Castle eine dreihundertköpfige Menge, um der Enthauptung beizuwohnen. Walsingham war entschlossen, Marias Rolle als Märtyrerin möglichst klein zuhalten, und ordnete an, den Richtblock, Marias Kleidung und alles, was mit der Hinrichtung zu tun hatte, zu verbrennen, damit keine heiligen Reliquien in die Welt gesetzt würden. Er plante zudem für die folgende Woche eine groß angelegte Beerdigungsfeier für seinen Schwiegersohn, Sir Philip Sidney. Sidney, eine populäre Heldengestalt, war im Kampf gegen die Katholiken in den Niederlanden gestorben, und Walsingham glaubte, eine glanzvolle Parade zu seinen Ehren würde die Sympathien für Maria dämpfen. Allerdings war Maria gleichermaßen darauf bedacht, aus ihrem letzten Auftritt eine Geste des Widerstands zu machen, ihren katholischen Glauben noch einmal zu bekräftigen und ihre Gefolgsleute anzufeuern. Während der Dekan von Peterborough die Fürbitte anstimmte, sprach Maria mit lauter Stimme ihre eigenen Gebete zur Rettung der katholischen Kirche Englands, für ihren Sohn und für Elisabeth. In Gedanken an den Wahlspruch der Familie, »In meinem Ende ist mein Anfang«, fasste sie sich ein Herz und trat auf den Richtblock zu. Die Henker baten sie um Vergebung, und sie antwortete: »Ich vergebe Euch von ganzem Herzen, denn ich hoffe, Ihr werdet nun all meinem Leiden ein Ende bereiten.« In seiner Schilderung der letzten Tage der Königin der Schotten beschreibt Richard Wingfield ihre letzten Augenblicke: Dann legte sie sich ganz ruhig auf den Block und rief, die Arme und Beine ausstreckend, In manus tuas domine, drei oder vier Mal, und endlich, während einer der Henker sie sacht mit einer Hand festhielt, schlug der andere zweimal mit der Axt zu, erst dann hatte er ihren Kopf abgeschnitten. Und doch blieb ein kleiner Knorpel zurück, und nun machte sie sehr leise Geräusche und lag ganz reglos da ... Ihre Lippen zuckten noch fast eine Viertelstunde, nachdem ihr Kopf abgeschlagen worden war. Als dann einer der Henker ihr die Strümpfe löste, da sah er ihr Hündchen, das unter ihren Rock gekrochen war, und man konnte es nur mit Gewalt hervorholen, und hinfort wollte es sich nicht von ihrer Leiche trennen. Es kam herbei und legte sich zwischen ihren Kopf und ihre Schulter, was aufmerksam beobachtet wurde. |
5. Die historischen Quellen |
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© Samuel-von-Pufendorf-Gymnasium Flöha | © Frank Rost November 2006 |
... dieser Text wurde nach den Regeln irgendeiner Rechtschreibreform verfasst - ich hab' irgendwann einmal beschlossen, an diesem Zirkus nicht mehr teilzunehemn ;-) „Dieses Land braucht eine Steuerreform, dieses Land braucht eine Rentenreform - wir schreiben Schiffahrt mit drei „f“!“ Diddi Hallervorden, dt. Komiker und Kabarettist |
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