Geschichte Schloss Augustusburg und Hieronymus Lotter |
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Letztmalig dran rumgefummelt: 24.02.06 13:45:09 |
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Fast vier Jahrhunderte sah
das Schloss Augustusburg kommen und gehen. Fürsten und Bauern, Feldherren
und Soldaten, königstreue Beamte und Freiheitskämpfer, Faschisten und
Widerstandskämpfer prägten seine Geschichte. Als es gebaut wurde, galt
Kursachsen als eines der wirtschaftlich und politisch stärksten Länder
Deutschlands. Unter der Herrschaft der Kurfürsten Moritz und August hatte
sich eine mehr oder weniger von den Ständen unabhängige landesherrliche
Gewalt herausgebildet, die durch ihre Zentralisierung und durch den für
damalige Verhältnisse gut organisierten Verwaltungsapparat die Entwicklung
des Landes wesentlich beeinflusste. Die Vergrößerung des landesherrlichen Besitzes durch groß angelegten Erwerb adliger Güter, die Beschränkung der Sonderrechte verschiedener Grundherren und die Bildung und der Ausbau von Ämtern im ganzen Land, die der Regierung des Landesfürsten unmittelbar unterstellt waren, verstärkten den Machteinfluss der Kurfürsten ganz besonders und schwächten die Macht des niederen Adels. Rasch schritt die Entwicklung zum absolutistischen Territorialstaat voran. Mit dem Wachsen der Macht des Landesfürsten steigerte sich auch seine Sucht nach Prunk und Repräsentation. Sie fand ihren Niederschlag u. a. in der prunkvollen Hofhaltung, in pompösen Hofjagden und im Bau von Schlössern, die einzig und allein diesen Zwecken zu dienen hatten. Bis in das 18. Jahrhundert war das Schloss Augustusburg auserlesener Jagdsitz der sächsischen Kurfürsten. August I., Christian I., Christian IL und Johann Georg I. wohnten sehr oft mit großem Gefolge in den zahlreichen Gemächern, hielten hier Hof und veranstalteten kostspielige und prunkvolle Hofjagden. Damals zählte die Jagd zu den Hauptbelustigungen der Fürsten und war ausschließlich adliges Privileg. Dieser noblen Passion`, deren Unantastbarkeit mit zäher Verbissenheit jahrhundertelang überwacht und ihre Verletzung mit drakonischen Strafen geahndet wurde, gingen die Herren mit Eifer, ja, mit wahrer Jagdwut nach. Der Wert des Wildes als Nahrungsmittel spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Das Jagen und Hetzen der Tiere, das Vergnügen an der Tötung bedeutete ihnen mehr. Im Besitze der Macht des Jagdbannes schalteten und walteten sie ganz nach ihren Launen. Der Bauer hatte aufgehört Mensch zu sein, stand für den Herrn unter dem Vieh und rangierte hinter dem Jagdwild. Er musste Treiberdienste verrichten, Jagdzeug und Wildpret fahren, Wolfsjagddienstgelder zahlen, Futter für die herrschaftlichen Pferde abliefern und sie während der oft wochenlangen Hofjagden in seinem Stall mit unterbringen und betreuen. Schon 1571 kümmerte sich August I. darum, „was zum Schellenbergk die Bürger itziger Zeit vor stallungen haben, doxinnen man sich notwendig behelffen" konnte. Dabei war es durchaus keine Ausnahme, dass Pferde sogar im Wohnhaus stehen mussten. Mit welchem Aufwand von Menschen die Fürsten die Jagd in den Wäldern des Erzgebirges betrieben, zeigt folgendes Ereignis. Johann Georg 1. hatte 1621 in der weiteren Umgebung Annabergs eine Hauptjagd angesetzt. Als aber die Jagd beginnen sollte, mangelte es an Treibern und Hunden, obgleich sich an die 700 Bauern befehlsgemäß eingefunden hatten. Dem Kurfürst war diese Anzahl zu gering. Er verlangte 2200 Mann. Da ihm der für die Gestellung von Treibern verantwortliche Amtsschösser aber keinen einzigen mehr bringen konnte, schlug ihn der Fürst mit seinem Stock an Ort und Stelle nieder. Dann ließ er den blutig Geprügelten fesseln und an den Wildpretwagen binden. Die drückenden Lasten der Jagdfronen erhöhten sich noch durch das für die Jagdvergnügen der Herren in großen Mengen gehegte Wild, das gewaltige Schäden an den Feldfrüchten anrichtete. Diese Landplage währte bis in das 19. Jahrhundert. 1727 z. B. beschwerten sich die Bauern aus 30 Gemeinden des mittleren Zschopaugebietes über die furchtbaren Wildschäden und baten den Landesfürst, sie vor dem völligen Ruin zu bewahren. Doch nichts geschah. Das Rotwild hatte in dieser Gegend „bißhero sich dergestallt gehäuffet, daß immer zu 20, 30 bis 50 Stücken beysammen stehen, welches dann nicht nur an den Feldfrüchten mit zertreten und abfreßen gar unbeschreiblichen Schaden thut", sondern auch viele Bäume in den Gehölzen, in Gärten und auf den Dorfplätzen schälte. Nicht selten kam es vor, dass das Rotwild „sogar zur Frühlingszeit hinein in die Dörffer kömbt, und die Pflanzen und Saamen Strünke abfrißt, darbey auch so zahm worden, daß es vor Personen gar nicht mehr weichet". Groß war auch der Schaden, den die Wildschweine anrichteten. Wegen Behinderung des Wildes verbot Kurfürst August 1. sogar zeitweise für manche Dörfer die Einfriedigung der Felder. Wehe dem Bauer, der sich in Sorge um seine Ernte irgendwie am herrschaftlichen Wild vergriff. Ihm drohten furchtbare Strafen. Für so genannte leichtere Fälle gab es gewöhnlich Zwangsarbeit (s. Bau des Schlossbrunnens). Oft wurde diese Strafe noch verschärft durch das Aufsetzen der berüchtigten Wildererkappe. Ein solches Marterinstrument bestand aus einem eisernen Reifen, an dem ein Hirschgeweih befestigt war, das der Sträfling ständig auf seinem Kopf zu tragen hatte. Weitere Strafen waren Ausstechen der Augen, Abhauen der Hand, Wippen, Stäupen usw. Das Töten von Wilddieben lohnte man zuweilen als Ansporn für andere Forstleute mit klingender Münze. So bekam z. B. 1590 der Förster Mathes Kluge aus Mittweida für die Erschießung eines Wilddiebes von Christian I. die hohe Summe von 100 Gulden. Soviel zahlte ein sächsischer Fürst für das Abknallen eines armen Menschen, wenn dieser nach Herrenbegriffen ein Wilderer war. Damit seine Wälder Ruhe vor fremden Hunden hatten, befahl er 1588 allen Bürgers- und Bauernhunden Holzknüppel vorzuhängen. Als diese Maßnahme aber nicht genügend half, verordnete er eine noch größere Grausamkeit. Allen Hunden, die Untertanen mit auf die Felder nahmen, musste ein Vorderfuß abgehauen werden. Kurfürst Christian II. waren die Jagdmandate seiner Vorgänger aber noch viel zu mild. Bei ihm gab es für Wilddiebstahl ohne Rücksicht den Galgen. So brutal und herzlos sie ihre Untertanen behandelten, so roh und gefühllos gingen sie auch mit dem Jagdwild um. Am liebsten betrieben sie die Parforcejagd, eine Hetzjagd, die im 11. Jahrhundert zuerst in Frankreich eingebürgert und mit viel Prunk und enormen Kosten später auch in den Wäldern um Augustusburg geübt wurde. Auf diese Art jagte man hauptsächlich den Hirsch. Nachdem auf der Ansuche (Pirsch) ein starker Hirsch aufgespürt war, hatte vor Beginn der Jagd ein Besuchsknecht (erfahrener, hirschgerechter Jäger) das Wild zu bestätigen und zu sprengen (aus dem Versteck zu treiben). Daraufhin erfolgt die Anjagd und die Verfolgung durch eine Meute von 100 bis 160 Hunden und 20 bis 50 berittenen Jägern. Nach wilder Hetze stellte sich der erschöpfte Hirsch meist den wütend angreifenden Hunden und nahm mit letzter Verzweiflung den Kampf auf. Der auf Hornsignale herbeigeeilte fürstliche Jagdherr trat dann im geeigneten Augenblick an den niedergekämpften Hirsch heran und gab ihm mit dem Hirschfänger den Fang (Todesstoß). Als ein weiteres Vergnügen mit besonderem Nervenkitzel galt das Fuchsprellen. Gefangene und von Hunden im Schlosshof umher gehetzte Füchse schnellten jeweils zwei Mann (auch Frauen) auf einem schmalen Netz, sobald ein solches Tier darüber rannte, solange in die Luft, bis es mit gebrochenen Gliedern elend verendete. Eine besonders delikate Jagdbelustigung war den Herren die Beizjagd. Diese Jagd mit abgerichteten Falken und Habichten nahm in der Weidmannskunst den ersten Rang ein. Kurfürst August 1. und seine Nachfolger unterhielten zunächst bis 1727 in Dresden und dann bis 1763 in Kalkreuth bei Großenhain kostspielige Falkenhöfe, in denen man viele dieser edlen Greifvögel abtrug (abrichtete). Auf den Programmen der großen Hofhaltungen im Schloss Augustusburg fehlten daher auch pompöse Beizjagden nicht. Ihr widmete August I. sogar einen ganzen Schlosssaal (s. Vogel-, Reiher- oder Kaisersaal). Den Abschluss der Jagdvergnügen bildeten große, oft tagelang währende Feste. In der Regel arteten diese in maßlose Völlerei und Schlemmerei aus. Das stetige Betrunkensein war am sächsischen Hof eine alte Gewohnheit. Kurfürst Christian II. sei „ein wahres Unmaß von schier täglicher Vollsuffigkeit und Unfläterei" gewesen. 1610 weilte dieser Fürst als Gast am kaiserlichen Hof in Prag und erregte dort durch seine Sauferei allgemeines Aufsehen. Er rühmte sich hinterher noch, in der Kaiserstadt fast keine Stunde nüchtern gewesen zu sein. An der Tafel des sächsischen Hofes saß man nicht selten sieben Stunden, ,;Außer übermäßigem Essen und Trinken gab es keine Unterhaltung", schreibt BAUER. „Der betrunkene Kurfürst (Christian II.) machte nur dann und wann eine unflätige Bemerkung und brachte die Gesundheit eines Fürsten aus, schüttete oft den Dienenden den Rest des Bechers ins Gesicht oder gab dem Hofnarr Ohrfeigen." Der Leser kann es sich selbst ausmalen, welche Formen die Feste der Herren nach Hofjagden in den Räumen und Sälen der Augustusburg angenommen haben mögen. Beredte Beweise liefern allein schon die den Speisesaal zierenden Wandbilder und Sprüche. Es versteht sich von selbst, dass bei solcher Art Feste und Hoflager, an denen in der Regel bis zu 500 Personen teilnahmen, ungeheure Mengen von Lebensmitteln vertilgt wurden. Die in alten Akten gefundenen Aufstellungen geben Aufschluss darüber, wie und woher man all diese Dinge für die fürstliche Tafel herbeizuschaffen wusste. So geht aus einer Instruktion Augusts I. vom Jahre 1571 unter anderem folgendes hervor: Die Verantwortung für die wöchentlichen Anlieferungen der großen Mengen „allerley Essender und Trinckender Wahre" trugen die Ämter und Städte Chemnitz, Lichtenwalde, Freiberg, Tharandt, Rauenstein, Lauterstein, Wolkenstein, Schlettau, Grünhain, Schwarzenberg, Zwickau, Stollberg, Werdau, Rochlitz, Colditz, Leisnig, Nossen, Dippoldiswalde, Dresden, Meißen, Pirna, Zschopau und Oederan. Alles Getreide, das in den Ämtern „einkumpt" (Naturalabgaben der Bauern) und der Vorrat auf den Vorwerken mussten zur Augustusburg gebracht werden. Reichte es nicht aus, entnahm man weitere Mengen aus den Dörfern. Den Wein hatten die Keltereien von Dresden, Leipzig und Wittenberg zu liefern. Auch Rhein- und Südweine gehörten zur kurfürstlichen Tafel. Für die Bierlieferungen waren die Städte Freiberg, Schneeberg und Zschopau verantwortlich. Allerlei geräuchertes Fleisch, gedörrte Fische, Salz, Essig, alle Gewürze und gebackenes Obst beschaffte man sich aus dem Hoflager in Dresden. Außerdem kamen vor dort, vor allem aber von den Vorwerken und aus den Dörfern „allerley zugemueß vnnd Kretzerey" (vgl. den Ausdruck Kratzgarten). Butter, Käse, Eier, Hühner, Kapaunen und Gänse forderte man in kaum zu schaffenden Mengen ebenfalls von den Dörfern. Die Belieferung der Feste mit frischem Rindfleisch war Aufgabe der Vorwerke. Zusätzlich wurden „Jherlich zwey oder drey hundert polnische Ochsen gekaufft". Kalb- und Hammelfleisch bezog man zu einem kleinen Teil aus den Vorwerken, den größeren mußten die Bauern schaffen. Für Schweinefleisch hatten die Vorwerke und die Mühlen zu sorgen. Da diese Lieferungen aber bei weitem nicht ausreichten, mußte das „vbermaß (der größte Teil) aus Behmen erlanget werden". Chemnitz, Lichtenwalde, Lauterstein, Rauenstein, Crottendorf, Wolkenstein, Schwarzenberg, Stollberg und Schellenberg hatten Fische zu beschaffen, wie Forellen, Äschen, Hechte, Karpfen, Barsche, Barben, Aale, Döbel und Schmer-len. Auch Krebse und Elritzen fehlten bei solchen Festen nicht. Nicht vergessen sei das massenhaft erlegte Wild aus den umliegenden Wäldern. Was davon nicht sofort vertilgt werden konnte, wurde eingesalzen oder geräuchert. .,Die Vogelsteller in den Embtern Schellenbergk, Kemnitz, Wolckenstein, Dresden und Lichttewaldt musten die Vegel klein und groß" ebenfalls in die SchloßKüche abliefern. Diese Schlemmerei schildert Göding mit seinen zahlreichen Malereien im ehemaligen Speisesaal sehr anschaulich. HERMANN beschreibt bekanntlich all diese Bilder in seiner Chronik. So z. B. auch diese: „Zwey gebratene und gespickte Haasen creutzweise übereinander Qeleget und darbey Viel Brat- und Knackwürste, wie auch Semmel und Quarckkäse in Form eines Wappens. Zwey Mönche in weißen Kutten; einer sitzet am Tische mit einer großen Taschen auf dem Rücken, darinnen er ein Stück gebratenes stecken hat, und frißet von einem Schweinebraten, den er mit beyden Händen hält, der Andere kauert vor einem Weinfaße und hält das Maul unter den Hahn und läßet sich den Wein aus dem Hahn ins Maul laufen. Mit der Beyschrift:
"Ich will erfüllen meinen Kragen, Nicht lange blieb das Schloss Anziehungspunkt
für die sächsischen Landesfürsten. Mit dem Sinken ihrer Macht verblasste
auch bald der Glanz dieses imposanten Bauwerkes. Die ersten Wurzeln des
Verfalls legte der Dreißigjährige Krieg (1618-1648). Am 22. August 1632
zogen Kaiserliche von Oederan und Zschopau her auf das Schloss und
plünderten es erheblich. Auch die Stadt blieb vor den Schrecken dieses
Krieges nicht verschont.
Die folgenden Jahre brachten der Bevölkerung,
besonders aber den Bauern weitere große Not. Ihre Güter waren zum größten
Teil ausgeplündert und verschuldet. Viele Felder lagen brach, es mangelte an
Saatgut und Vieh und der Wucher trieb üppige Blüten. Um die entstandenen
Kriegsschäden zu beseitigen, beutete der Adel die Bauern noch stärker aus.
Maßlos steigerten die Junker die Frondienste. Die Unterdrückung und
Ausbeutung entwickelte sich bis zur Unerträglichkeit. Schließlich kam es im
Sommer 1790 zum Aufstand, der durch die Französische Revolution 1789
wesentlich beeinflusst wurde. Er begann zuerst in der Meißner Pflege und
erfasste auch das Land um die Augustusburg, die auch hier eine bestimmte
Rolle spielte. In Flugschriften, die reitende Boten in den Dörfern
verbreiteten, wurden die Bauern aufgerufen, sich sofort zusammenzuschließen,
sich dabei „mit nötigem Proviant und so viel möglich, mit Gewehr" zu
versehen und gemeinsam für ihre Forderungen einzutreten. Er und vor allem der Zschopauer Pfarrer Ludwig
Würkert (1800 - 1876), der als Bezirksobmann der Vaterlandsvereine von
Zschopau, Marienberg, Wolkenstein und Umgebung mutig für die Einheit
Deutschlands und die Demokratie eintrat, waren die Führer dieses
Volkskampfes in unserem Heimatgebiet. Nach der Niederwerfung des Dresdner |
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1. Feudaljagd und Hofhaltung 2. Wirren der Kriege bis 1945 3. das Schloss Augustusburg bis heute |
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1. Feudaljagd und Hofhaltung |
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Fast vier Jahrhunderte steht
das Schloss.Augustusburg auf dem Schellenberg. Fürsten und Bauern,
Feldherren und Soldaten, königstreue Beamte und Freiheitskämpfer, Faschisten
und Arbeiter prägten seine Geschichte. Als es gebaut wurde, galt Kursachsen
als eines der wirtschaftlich und politisch stärksten deutschen Länder. Unter
der Herrschaft der Kurfürsten Moritz und August hatte sich eine mehr oder
weniger von den Ständen unabhängige landesherrliche Gewalt herausgebildet,
die durch ihre Zentralisierung und durch den für damalige Verhältnisse gut
organisierten Verwaltungsapparat die Entwicklung des Landes wesentlich
beeinflusste. Die Vergrößerung des landesherrlichen Besitzes durch Erwerb adliger Güter, die Beschränkung der Sonderrechte verschiedener Grundherren und die Bildung und der Ausbau von Ämtern im ganzen Land, die der Regierung des Landesfürsten unmittelbar unterstellt waren, verstärkte den Machteinfluss des Kurfürsten ganz besonders und schwächte die Macht des niederen Adels. Rasch schritt die Entwicklung zum absolutistischen Territorialstaat voran. |
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Mit dem Wachsen der Macht des Landesfürsten steigerte sich auch seine
Sucht nach Prunk und Repräsentation. Sie fand ihren Niederschlag u. a. in
der prunkvollen Hofhaltung, in pompösen Hofjagden und im Bau von Schlössern,
die einzig und allein diesen Zwecken zu dienen hatten. Bis in das 18.
Jahrhundert war das Schloß Augustusburg Jagdsitz der sächsischen Kurfürsten.
August I., Christian I., Christian II. und Johann Georg I. wohnten sehr oft
mit großem Gefolge in den zahlreichen Gemächern, hielten hier Hof und
veranstalteten kostspielige und prunkvolle Hofjagden. Damals zählte die Jagd
zu den Hauptbelustigungen der Fürsten und war ausschließlich adliges
Privileg. Dieser „noblen Passion", deren Unantastbarkeit mit zäher
Verbissenheit jahrhundertelang überwacht und deren Verletzung mit strengen
Strafen geahndet wurde, gingen die Herren mit Eifer, ja mit wahrer Jagdwut
nach. Der Wert des Wildes als Nahrungsmittel spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Das Jagen und Hetzen der Tiere, das Vergnügen an der Tötung war für die Feudalherren die Hauptsache. Im Besitz der Macht des Jagdbannes schalteten und walteten sie ganz nach ihren Launen. Der Bauer hatte aufgehört, Mensch zu sein, stand für den Herrn unter dem Vieh und rangierte hinter dem Jagdwild. Er mußte Treiberdienste verrichten, Jagdzeug und Wildbret fahren, Wolfsjagddienstgelder zahlen, Futter für die herrschaftlichen Pferde abliefern und sie während der oft wochenlangen Hofjagden in seinem Stall mit unterbringen und betreuen. Schon 1571 kümmerte sich August I. darum, „was zum Schellenbergk die Bürger itziger Zeit vor stallungen haben, dorinnen man sich notwendig behelffen" konnte. Dabei war es durchaus keine Ausnahme, daß Pferde sogar im Wohnhaus stehen mußten. Mit welchem Aufwand von Menschen die Fürsten die Jagd in den Wäldern des Erzgebirges betrieben, zeigt folgendes Ereignis: Johann Georg I. hatte 1621 in der weiteren Umgebung Annabergs eine Hauptjagd angesetzt. Als aber die Jagd beginnen sollte, mangelte es an Treibern und Hunden, obgleich sich an die 700 Bauern befehlsgemäß eingefunden hatten. Dem Kurfürsten war diese Anzahl zu gering. Er verlangte 2 200 Mann. Da ihm der für die Bereitstellung von Treibern verantwortliche Amtsschösser aber keinen einzigen mehr bringen konnte, schlug ihn der Fürst mit seinem Stock an Ort und Stelle nieder. Dann ließ er den blutigen Geprügelten fesseln und an den Wildbretwagen binden. Die drückenden Lasten der Jagdfronen erhöhten sich noch durch das für die Jagdvergnügen der Herren in großen Mengen gehegte Wild, das gewaltige Schäden an den Feldfrüchten anrichtete. Diese Landplage währte bis in das 19. Jahrhundert. Im Jahre 1727 z. B. beschwerten sich die Bauern aus 30 Gemeinden des mittleren Zschopaugebietes über die furchtbaren Wildschäden und baten den Landesfürsten, sie vor dem völligen Ruin zu bewahren. Doch nichts geschah. Das Rotwild hatte in dieser Gegend „bißhero sich dergestallt gehäuffet, daß immer zu 20, 30 bis 50 Stücken beysammen stehen, welches dann nicht nur an den Feldfrüchten mit zertreten und abfreßen gar unbeschreiblichen Schaden thut", sondern auch viele Bäume in den Gehölzen, in Gärten und auf den Dorfplätzen schälte. Nicht selten kam es vor, daß das Rotwild „sogar zur Frühlingszeit hinein in die Dörffer kömbt, und die Pflanzen und Saamen-Strünke abfrißt, darbey auch so zahm worden, daß es vor Personen gar nicht mehr weichet". Groß war auch der Schaden, den die Wildschweine anrichteten. Wegen Behinderung des Wildes verbot Kurfürst August I. sogar zeitweise für manche Dörfer die Einfriedigung ihrer Felder. Wehe dem Bauern, der sich in Sorge um seine Ernte irgendwie am herrschaftlichen Wild vergriff. Ihm drohten furchtbare Strafen. Für sogenannte leichtere Fälle gab es gewöhnlich Zwangsarbeit (s. Abschnitt „Der Bau des Schlosses"). Oft wurde diese Strafe noch verschärft durch das Aufsetzen der berüchtigten Wildererkappe. Ein solches Marterinstrument bestand aus einem eisernen Reifen, an dem ein Hirschgeweih befestigt war, das der Sträfling ständig auf seinem Kopf zu tragen hatte. Weitere Strafen waren Ausstechen der Augen, Abhauen der Hand, Wippen, Stäupen usw. Das Töten von Wilddieben lohnte man zuweilen als Ansporn für andere Forstleute mit klingender Münze. So bekam z. B. 1590 der Förster Mathes Kluge aus Mittweida für die Erschießung eines Wilddiebes von Christian I. die hohe Summe von 100 Gulden. Damit seine Wälder Ruhe vor fremden Hunden hatten, befahl er 1588, allen Bürgers- und Bauernhunden Holzknüppel vorzuhängen. Als diese Maßnahme aber nicht genügend half, verordnete er eine noch größere Grausamkeit. Allen Hunden, die die Untertanen mit auf die Felder nahmen, mußte eine Vorderpfote abgehauen werden. Kurfürst Christian IL waren die Jagdmandate seiner Vorgänger aber noch zu mild. Bei ihm gab es für Wilddiebstahl ohne Rücksicht den Galgen. So brutal und herzlos die Feudalherren die Menschen behandelten, so roh und gefühllos gingen sie auch mit dem Jagdtier um. Am liebsten betrieben sie die Parforcejagd, eine Hetzjagd, die im 11. Jahrhundert zuerst in Frankreich eingebürgert und mit viel Prunk und enormen Kosten später auch in den Wäldern um Augustusburg geübt wurde. Auf diese Art jagte man hauptsächlich den Hirsch. Nachdem auf der Ansuche (Pirsch) ein starker Hirsch aufgespürt war, hatte vor Beginn der Jagd ein Besuchsknecht (erfahrener, hirschgerechter Jäger) das Wild zu bestätigen und zu sprengen (aus dem Versteck zu treiben). Daraufhin erfolgte die Anjagd und die Verfolgung durch eine Meute von 100 bis 160 Hunden und 20 bis 50 berittenen Jägern. Nach wilder Hetze stellte sich der erschöpfte Hirsch meist den wütend angreifenden Hunden und nahm mit letzter Verzweiflung den Kampf auf. Der auf Hornsignale herbeigeeilte fürstliche Jagdherr trat dann im geeigneten Augenblick an den niedergekämpften Hirsch heran und gab ihm mit dem Hirschfänger den Fang (Todesstoß). Eine besondere Jagdbelustigung war den Herren die Beizjagd. Diese Jagd mit abgerichteten Falken und Habichten nahm in der Weidmannskunst den ersten Rang ein. Kurfürst August I. und seine Nachfolger unterhielten zunächst bis 1727 in Dresden und dann bis 1763 in Kalkreuth bei Großenhain kostspielige Falkenhöfe, in denen man viele dieser edlen Greifvögel abtrug (abrichtete). Auf den Programmen der großen Hofhaltungen im Schloß Augustusburg fehlten daher auch pompöse Beizjagden nicht. Ihnen widmete August I. sogar einen ganzen Schloßsaal. Den Abschluß der Jagden bildeten große, oft tagelang währende Feste. In der Regel arteten diese in maßlose Völlerei und Schlemmerei aus. Die Trunksucht war am sächsischen Hof nichts Besonderes, und Kurfürst Christian II. war - wie Bauer im „Deutschen Fürstenspiegel" feststellte - „ein wahres Unmaß von schier täglicher Vollsuffigkeit und Unfläterei". 1610 weilte dieser Fürst als Gast am kaiserlichen Hof in Prag und erregte dort durch seine Sauferei allgemeines Aufsehen. Er rühmte sich hinterher noch, in der Kaiserstadt fast keine Stunde nüchtern gewesen zu sein. An der Tafel des sächsischen Hofes saß man nicht selten sieben Stunden. „Außer übermäßigem Essen und Trinken gab es keine Unterhaltung. Der betrunkene Kurfürst (Christian II.) machte nur dann und wann eine unflätige Bemerkung und brachte die Gesundheit eines Fürsten aus, schüttete oft den Dienenden den Rest des Bechers ins Gesicht oder gab dem Hofnarren Ohrfeigen." (Bauer, Deutscher Fürstenspiegel) Jeder kann es sich selbst ausmalen, welche Formen die Feste der Herren nach Hofjagden in den Räumen und Sälen der Augustusburg angenommen haben mögen. Beredte Beweise |
2. Wirren der Kriege |
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3. Schloss Augustusburg bis heute |
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