Geschichte Schloss Augustusburg und Hieronymus Lotter history menue Letztmalig dran rumgefummelt: 24.02.06 13:45:09

Fast vier Jahrhunderte sah das Schloss Augustusburg kommen und gehen. Fürsten und Bauern, Feldherren und Soldaten, königstreue Beamte und Freiheitskämpfer, Faschisten und Widerstandskämpfer prägten seine Geschichte. Als es gebaut wurde, galt Kursachsen als eines der wirtschaftlich und politisch stärksten Länder Deutschlands. Unter der Herrschaft der Kurfürsten Moritz und August hatte sich eine mehr oder weniger von den Ständen unabhängige landesherrliche Gewalt herausgebildet, die durch ihre Zentralisierung und durch den für damalige Verhältnisse gut organisierten Verwaltungsapparat die Entwicklung des Landes wesentlich beeinflusste.
Die Vergrößerung des landesherrlichen Besitzes durch groß angelegten Erwerb adliger Güter, die Beschränkung der Sonderrechte verschiedener Grundherren und die Bildung und der Ausbau von Ämtern im ganzen Land, die der Regierung des Landesfürsten unmittelbar unterstellt waren, verstärkten den Machteinfluss der Kurfürsten ganz besonders und schwächten die Macht des niederen Adels. Rasch schritt die Entwicklung zum absolutistischen Territorialstaat voran.
Mit dem Wachsen der Macht des Landesfürsten steigerte sich auch seine Sucht nach Prunk und Repräsentation. Sie fand ihren Niederschlag u. a. in der prunkvollen Hofhaltung, in pompösen Hofjagden und im Bau von Schlössern, die einzig und allein diesen Zwecken zu dienen hatten. Bis in das 18. Jahrhundert war das Schloss Augustusburg auserlesener Jagdsitz der sächsischen Kurfürsten. August I., Christian I., Christian IL und Johann Georg I. wohnten sehr oft mit großem Gefolge in den zahlreichen Gemächern, hielten hier Hof und veranstalteten kostspielige und prunkvolle Hofjagden. Damals zählte die Jagd zu den Hauptbelustigungen der Fürsten und war ausschließlich adliges Privileg. Dieser noblen Passion`, deren Unantastbarkeit mit zäher Verbissenheit jahrhundertelang überwacht und ihre Verletzung mit drakonischen Strafen geahndet wurde, gingen die Herren mit Eifer, ja, mit wahrer Jagdwut nach. Der Wert des Wildes als Nahrungsmittel spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Das Jagen und Hetzen der Tiere, das Vergnügen an der Tötung bedeutete ihnen mehr. Im Besitze der Macht des Jagdbannes schalteten und walteten sie ganz nach ihren Launen. Der Bauer hatte aufgehört Mensch zu sein, stand für den Herrn unter dem Vieh und rangierte hinter dem Jagdwild. Er musste Treiberdienste verrichten, Jagdzeug und Wildpret fahren, Wolfsjagddienstgelder zahlen, Futter für die herrschaftlichen Pferde abliefern und sie während der oft wochenlangen Hofjagden in seinem Stall mit unterbringen und betreuen. Schon 1571 kümmerte sich August I. darum, „was zum Schellenbergk die Bürger itziger Zeit vor stallungen haben, doxinnen man sich notwendig behelffen" konnte. Dabei war es durchaus keine Ausnahme, dass Pferde sogar im Wohnhaus stehen mussten.
Mit welchem Aufwand von Menschen die Fürsten die Jagd in den Wäldern des Erzgebirges betrieben, zeigt folgendes Ereignis. Johann Georg 1. hatte 1621 in der weiteren Umgebung Annabergs eine Hauptjagd angesetzt. Als aber die Jagd beginnen sollte, mangelte es an Treibern und Hunden, obgleich sich an die 700 Bauern befehlsgemäß eingefunden hatten. Dem Kurfürst war diese Anzahl zu gering. Er verlangte 2200 Mann. Da ihm der für die Gestellung von Treibern verantwortliche Amtsschösser aber keinen einzigen mehr bringen konnte, schlug ihn der Fürst mit seinem Stock an Ort und Stelle nieder. Dann ließ er den blutig Geprügelten fesseln und an den Wildpretwagen binden. Die drückenden Lasten der Jagdfronen erhöhten sich noch durch das für die Jagdvergnügen der Herren in großen Mengen gehegte Wild, das gewaltige Schäden an den Feldfrüchten anrichtete. Diese Landplage währte bis in das 19. Jahrhundert. 1727 z. B. beschwerten sich die Bauern aus 30 Gemeinden des mittleren Zschopaugebietes über die furchtbaren Wildschäden und baten den Landesfürst, sie vor dem völligen Ruin zu bewahren. Doch nichts geschah. Das Rotwild hatte in dieser Gegend „bißhero sich dergestallt gehäuffet, daß immer zu 20, 30 bis 50 Stücken beysammen stehen, welches dann nicht nur an den Feldfrüchten mit zertreten und abfreßen gar unbeschreiblichen Schaden thut", sondern auch viele Bäume in den Gehölzen, in Gärten und auf den Dorfplätzen schälte. Nicht selten kam es vor, dass das Rotwild „sogar zur Frühlingszeit hinein in die Dörffer kömbt, und die Pflanzen und Saamen Strünke abfrißt, darbey auch so zahm worden, daß es vor Personen gar nicht mehr weichet". Groß war auch der Schaden, den die Wildschweine anrichteten. Wegen Behinderung des Wildes verbot Kurfürst August 1. sogar zeitweise für manche Dörfer die Einfriedigung der Felder. Wehe dem Bauer, der sich in Sorge um seine Ernte irgendwie am herrschaftlichen Wild vergriff. Ihm drohten furchtbare Strafen. Für so genannte leichtere Fälle gab es gewöhnlich Zwangsarbeit (s. Bau des Schlossbrunnens). Oft wurde diese Strafe noch verschärft durch das Aufsetzen der berüchtigten Wildererkappe. Ein solches Marterinstrument bestand aus einem eisernen Reifen, an dem ein Hirschgeweih befestigt war, das der Sträfling ständig auf seinem Kopf zu tragen hatte. Weitere Strafen waren Ausstechen der Augen, Abhauen der Hand, Wippen, Stäupen usw. Das Töten von Wilddieben lohnte man zuweilen als Ansporn für andere Forstleute mit klingender Münze. So bekam z. B. 1590 der Förster Mathes Kluge aus Mittweida für die Erschießung eines Wilddiebes von Christian I. die hohe Summe von 100 Gulden. Soviel zahlte ein sächsischer Fürst für das Abknallen eines armen Menschen, wenn dieser nach Herrenbegriffen ein Wilderer war. Damit seine Wälder Ruhe vor fremden Hunden hatten, befahl er 1588 allen Bürgers- und Bauernhunden Holzknüppel vorzuhängen. Als diese Maßnahme aber nicht genügend half, verordnete er eine noch größere Grausamkeit. Allen Hunden, die Untertanen mit auf die Felder nahmen, musste ein Vorderfuß abgehauen werden. Kurfürst Christian II. waren die Jagdmandate seiner Vorgänger aber noch viel zu mild. Bei ihm gab es für Wilddiebstahl ohne Rücksicht den Galgen. So brutal und herzlos sie ihre Untertanen behandelten, so roh und gefühllos gingen sie auch mit dem Jagdwild um.
Am liebsten betrieben sie die Parforcejagd, eine Hetzjagd, die im 11. Jahrhundert zuerst in Frankreich eingebürgert und mit viel Prunk und enormen Kosten später auch in den Wäldern um Augustusburg geübt wurde. Auf diese Art jagte man hauptsächlich den Hirsch. Nachdem auf der Ansuche (Pirsch) ein starker Hirsch aufgespürt war, hatte vor Beginn der Jagd ein Besuchsknecht (erfahrener, hirschgerechter Jäger) das Wild zu bestätigen und zu sprengen (aus dem Versteck zu treiben). Daraufhin erfolgt die Anjagd und die Verfolgung durch eine Meute von 100 bis 160 Hunden und 20 bis 50 berittenen Jägern. Nach wilder Hetze stellte sich der erschöpfte Hirsch meist den wütend angreifenden Hunden und nahm mit letzter Verzweiflung den Kampf auf. Der auf Hornsignale herbeigeeilte fürstliche Jagdherr trat dann im geeigneten Augenblick an den niedergekämpften Hirsch heran und gab ihm mit dem Hirschfänger den Fang (Todesstoß).
Als ein weiteres Vergnügen mit besonderem Nervenkitzel galt das Fuchsprellen. Gefangene und von Hunden im Schlosshof umher gehetzte Füchse schnellten jeweils zwei Mann (auch Frauen) auf einem schmalen Netz, sobald ein solches Tier darüber rannte, solange in die Luft, bis es mit gebrochenen Gliedern elend verendete.
Eine besonders delikate Jagdbelustigung war den Herren die Beizjagd. Diese Jagd mit abgerichteten Falken und Habichten nahm in der Weidmannskunst den ersten Rang ein. Kurfürst August 1. und seine Nachfolger unterhielten zunächst bis 1727 in Dresden und dann bis 1763 in Kalkreuth bei Großenhain kostspielige Falkenhöfe, in denen man viele dieser edlen Greifvögel abtrug (abrichtete). Auf den Programmen der großen Hofhaltungen im Schloss Augustusburg fehlten daher auch pompöse Beizjagden nicht. Ihr widmete August I. sogar einen ganzen Schlosssaal (s. Vogel-, Reiher- oder Kaisersaal).
Den Abschluss der Jagdvergnügen bildeten große, oft tagelang währende Feste. In der Regel arteten diese in maßlose Völlerei und Schlemmerei aus. Das stetige Betrunkensein war am sächsischen Hof eine alte Gewohnheit. Kurfürst Christian II. sei „ein wahres Unmaß von schier täglicher Vollsuffigkeit und Unfläterei" gewesen. 1610 weilte dieser Fürst als Gast am kaiserlichen Hof in Prag und erregte dort durch seine Sauferei allgemeines Aufsehen. Er rühmte sich hinterher noch, in der Kaiserstadt fast keine Stunde nüchtern gewesen zu sein.
An der Tafel des sächsischen Hofes saß man nicht selten sieben Stunden, ,;Außer übermäßigem Essen und Trinken gab es keine Unterhaltung", schreibt BAUER. „Der betrunkene Kurfürst (Christian II.) machte nur dann und wann eine unflätige Bemerkung und brachte die Gesundheit eines Fürsten aus, schüttete oft den Dienenden den Rest des Bechers ins Gesicht oder gab dem Hofnarr Ohrfeigen."
Der Leser kann es sich selbst ausmalen, welche Formen die Feste der Herren nach Hofjagden in den Räumen und Sälen der Augustusburg angenommen haben mögen. Beredte Beweise liefern allein schon die den Speisesaal zierenden Wandbilder und Sprüche.
Es versteht sich von selbst, dass bei solcher Art Feste und Hoflager, an denen in der Regel bis zu 500 Personen teilnahmen, ungeheure Mengen von Lebensmitteln vertilgt wurden. Die in alten Akten gefundenen Aufstellungen geben Aufschluss darüber, wie und woher man all diese Dinge für die fürstliche Tafel herbeizuschaffen wusste. So geht aus einer Instruktion Augusts I. vom Jahre 1571 unter anderem folgendes hervor: Die Verantwortung für die wöchentlichen Anlieferungen der großen Mengen „allerley Essender und Trinckender Wahre" trugen die Ämter und Städte Chemnitz, Lichtenwalde, Freiberg, Tharandt, Rauenstein, Lauterstein, Wolkenstein, Schlettau, Grünhain, Schwarzenberg, Zwickau, Stollberg, Werdau, Rochlitz, Colditz, Leisnig, Nossen, Dippoldiswalde, Dresden, Meißen, Pirna, Zschopau und Oederan.
Alles Getreide, das in den Ämtern „einkumpt" (Naturalabgaben der Bauern) und der Vorrat auf den Vorwerken mussten zur Augustusburg gebracht werden. Reichte es nicht aus, entnahm man weitere Mengen aus den Dörfern. Den Wein hatten die Keltereien von Dresden, Leipzig und Wittenberg zu liefern. Auch Rhein- und Südweine gehörten zur kurfürstlichen Tafel. Für die Bierlieferungen waren die Städte Freiberg, Schneeberg und Zschopau verantwortlich. Allerlei geräuchertes Fleisch, gedörrte Fische, Salz, Essig, alle Gewürze und gebackenes Obst beschaffte man sich aus dem Hoflager in Dresden. Außerdem kamen vor dort, vor allem aber von den Vorwerken und aus den Dörfern „allerley zugemueß vnnd Kretzerey" (vgl. den Ausdruck Kratzgarten).
Butter, Käse, Eier, Hühner, Kapaunen und Gänse forderte man in kaum zu schaffenden Mengen ebenfalls von den Dörfern. Die Belieferung der Feste mit frischem Rindfleisch war Aufgabe der Vorwerke. Zusätzlich wurden „Jherlich zwey oder drey hundert polnische Ochsen gekaufft". Kalb- und Hammelfleisch bezog man zu einem kleinen Teil aus den Vorwerken, den größeren mußten die Bauern schaffen. Für Schweinefleisch hatten die Vorwerke und die Mühlen zu sorgen. Da diese Lieferungen aber bei weitem nicht ausreichten, mußte das „vbermaß (der größte Teil) aus Behmen erlanget werden".
Chemnitz, Lichtenwalde, Lauterstein, Rauenstein, Crottendorf, Wolkenstein, Schwarzenberg, Stollberg und Schellenberg hatten Fische zu beschaffen, wie Forellen, Äschen, Hechte, Karpfen, Barsche, Barben, Aale, Döbel und Schmer-len. Auch Krebse und Elritzen fehlten bei solchen Festen nicht. Nicht vergessen sei das massenhaft erlegte Wild aus den umliegenden Wäldern. Was davon nicht sofort vertilgt werden konnte, wurde eingesalzen oder geräuchert. .,Die Vogelsteller in den Embtern Schellenbergk, Kemnitz, Wolckenstein, Dresden und Lichttewaldt musten die Vegel klein und groß" ebenfalls in die SchloßKüche abliefern.
Diese Schlemmerei schildert Göding mit seinen zahlreichen Malereien im ehemaligen Speisesaal sehr anschaulich. HERMANN beschreibt bekanntlich all diese Bilder in seiner Chronik. So z. B. auch diese:
„Zwey gebratene und gespickte Haasen creutzweise übereinander Qeleget und darbey Viel Brat- und Knackwürste, wie auch Semmel und Quarckkäse in Form eines Wappens.
Zwey Mönche in weißen Kutten; einer sitzet am Tische mit einer großen Taschen auf dem Rücken, darinnen er ein Stück gebratenes stecken hat, und frißet von einem Schweinebraten, den er mit beyden Händen hält, der Andere kauert vor einem Weinfaße und hält das Maul unter den Hahn und läßet sich den Wein aus dem Hahn ins Maul laufen. Mit der Beyschrift:

"Ich will erfüllen meinen Kragen,
Und hätt ich einen Wolfes-Magen."

Nicht lange blieb das Schloss Anziehungspunkt für die sächsischen Landesfürsten. Mit dem Sinken ihrer Macht verblasste auch bald der Glanz dieses imposanten Bauwerkes. Die ersten Wurzeln des Verfalls legte der Dreißigjährige Krieg (1618-1648). Am 22. August 1632 zogen Kaiserliche von Oederan und Zschopau her auf das Schloss und plünderten es erheblich. Auch die Stadt blieb vor den Schrecken dieses Krieges nicht verschont.
In der Zeit der Herrschaft Augusts des Starken (von 1649 bis 1733) verlor die Augustusburg gänzlich ihre Bedeutung für den sächsischen Hof. Die Jagdschlösser Moritzburg und Hubertusburg hatten dem alten Renaissancebau auf dem Schellenberg sehr schnell den Rang eines kurfürstlichen Jagdsitzes abgelaufen. Nach und nach entnahm man ihm die Einrichtungsgegenstände, den Wandschmuck und ähnliches und stattete damit diese Schlösser aus. So kamen in den Jahren 1722/23 z. B. 320 Geweihe nach Moritzburg.
Ein übriges tat der Siebenjährige Krieg (1756-1763). Fast ununterbrochen waren das Schloss und die Stadt längere oder kürzere Zeit belegt mit durchziehenden Preußen und Österreichern. Wie HARNISCH berichtet, rückte z. B. am 31. Dezember 1759 „nachmittags um 3 Uhr ... ein Regiment braunschweigische Infanterie von 1800 Mann in Schellenberg (heute Augustusburg) ohne Knechte und Weiber ein, dass in einem Hause 16 bis 24 Mann einquartiert wurden, welche mit Essen und Trinken versorgt werden mussten. Da hörte man Jammer und Wehklagen. Ein Regiment Dragoner rückte auch in das benachbarte Dorf Grünberg, so dass in einem Bauerngut 50 bis 1C0 Mann einquartiert wurden. Die Scheunen, Ställe und Böden wurden erbrochen und Hafer, Heu und Stroh, desgleichen auch Korn und Gerste wurden den Leuten genommen, auch den unbegüterten Häuslern, welche es selbst erst kaufen mussten, und alles verfüttert". Auf dein Schloss quartierte sich ein General ein. ,.Alle Thore in demselben wurden mit doppelter Wache besetzt, die Ställe mit Pferden bezogen so viel man nur unterbringen konnte."
Oft trafen sich während dieser Notzeit in den Schlossräumen die Richter aus den Amtsdörfern, um gemeinsam über die fast täglich einzutreibenden hohen Kontributionen zu beraten. „Die Noth kannte keine Grenzen, ... die Lieferungen für die Preußen ließen keinen Tag nach; mancher musste sein letztes Stück Vieh verkaufen" oder es sich aus dem Stall zerren lassen. Oft führte man Geißeln mit fort, wenn die Abgaben nicht termingemäß erbracht waren. Rekrutierungskommandos der Preußen zogen kreuz und quer durch das Land und schleppten fast täglich aus den Dörfern junge Burschen auf das Schloß, von wo die zum preußischen Gamaschendienst Gepressten weitertransportiert wurden. Am 30. und 31. Dezember 1762 sah der Chronist, „wie die Soldaten die armen jungen Burschen und Männer vom Lande hereingeführt brachten, mit Stricken zusammengekoppelt wie die Pferde".
Als der Krieg schließlich das lang ersehnte Ende fand, war der Verfall des Schlosses Augustusburg besiegelt. Ausgepresst und verwüstet lag Sachsen am Boden. Allein die kleine Stadt Schellenberg (Augustusburg) hatte an Kontributionen aufbringen müssen:

  • für die Preußen 31 276 Taler,
  • für die Österreicher 5 057 Taler.

Die folgenden Jahre brachten der Bevölkerung, besonders aber den Bauern weitere große Not. Ihre Güter waren zum größten Teil ausgeplündert und verschuldet. Viele Felder lagen brach, es mangelte an Saatgut und Vieh und der Wucher trieb üppige Blüten. Um die entstandenen Kriegsschäden zu beseitigen, beutete der Adel die Bauern noch stärker aus. Maßlos steigerten die Junker die Frondienste. Die Unterdrückung und Ausbeutung entwickelte sich bis zur Unerträglichkeit. Schließlich kam es im Sommer 1790 zum Aufstand, der durch die Französische Revolution 1789 wesentlich beeinflusst wurde. Er begann zuerst in der Meißner Pflege und erfasste auch das Land um die Augustusburg, die auch hier eine bestimmte Rolle spielte. In Flugschriften, die reitende Boten in den Dörfern verbreiteten, wurden die Bauern aufgerufen, sich sofort zusammenzuschließen, sich dabei „mit nötigem Proviant und so viel möglich, mit Gewehr" zu versehen und gemeinsam für ihre Forderungen einzutreten.
Am 23. August 1790 erreichte der Aufstand im Amt Augustusburg seinen Höhepunkt. Alle 13 Dörfer der Lichtenwalder Herrschaft „mit mehr als 6000 Untertanen" kündigten ihre Dienste auf. Besonders revolutionär traten die Untertanen des Rittergutes Neusorge bei Mittweida hervor. Am 27. August versammelten sich dort alle Bauern und erklärten dem von Mittweida herbeigeholten Vizegerichtsverwalter Schüßner, „wie sie fernerhin keine Dienste und Frohnen mehr tähten, keine Erbzinnßen und Geld Praestunda (Leistungen) mehr abführten, die herrschaftliche Schaaftrift weiter nicht duldeten und ihre Kinder ferner zum Hofedienste nicht gestellten". Den Mühlzwang kündigten sie ebenfalls auf und nötigten den Müller Beyer mit Stockschlägen dazu, ihnen ihre Kerbhölzer auszuhändigen, die sie an Ort und Stelle zerbrachen.
Erschreckt über den Mut der Bauern sandte das Reichsgräflich Bünausche Gericht der Herrschaft Neusorge durch Kurier einen Hilferuf an den Kurfürsten nach Dresden. „Wir sind ohnmächtig und das fast 5 Stunden entfernt gelegene Amt Augustusburg, wohin Neusorge einbezirkt ist, zu entfernt, uns mit Amtsfolge (Hilfe) wider unsere aufgebrachten Amtsunterthanen zu retten", heißt es darin. Flehend baten sie „Ew. Chur Fürstliche Durchlaucht fußfällig" um sofortige Absendung eines starken Kommandos Kavallerie zur Niederschlagung des Aufstandes.
Unterdessen hatten die Bauern von Ottendorf mit Knüppeln 700 Stück Herrenvieh der Rittergutsschäferei von ihren Feldern getrieben. Die Neusorgischen Dorfschaften forderten bis spätestens 3. September 2025 Taler zuviel verlangte Zinsen zurück und drohten bei Nichterfüllung mit einem Überfall auf das herrschaftliche Gericht. Auch in den Ortschaften Eppendorf, Gahlenz und Großwaltersdorf traten die Bauern mit Forderungen auf. In Krumhermersdorf hatten „sich die Einwohner ermächtigt, mit Schießgewehren das Wildpret von ihren Fluren" zu vertreiben.
Schließlich gelang es den Junkern mit Militärgewalt den Aufstand niederzuschlagen. Dabei kam ihnen der Amtmann von Augustusburg, Johann Friedrich Leopold Gottschald, dienstbeflissen zu Hilfe. Wiederholt bat er den Kurfürsten, „die tumultarische Widersetzlichkeit verschiedener Unterthanen" mit Waffen zu unterdrücken. Am 1. September verhaftete er schließlich auf Anordnung der Landesregierung unter Zuziehung eines zehnköpfigen Kavalleriekommandos aus Chemnitz die Bauern Tauscher und Boch aus Frankenau und warf sie in die Kerker der Augustusburg. Zwei andere Anführer, ebenfalls aus Frankenau, konnten den Häschern entweichen.
Das Jahr 1813, das Jahr der Erhebung des deutschen Volkes gegen die napoleonische Fremdherrschaft, ging auch am Schloss Augustusburg und an seiner Umgebung nicht spurlos vorüber.
Die Armee Napoleons I. (1769-1821) war im Dezember 1812 an der Beresina vernichtend geschlagen worden. In erbarmungswürdigem Zustand flohen die kläglichen Reste der „Grande Armee" aus den tief verschneiten Weiten Bußlands vor der unaufhaltsam nachdrängenden russischen Armee. Auf ihrem Rückzug berührten sie auch das Land um die Augustusburg. Das Ende Februar 1813 in aller Eile im Schloss eingerichtete Lazarett nahm viele der hier durchziehenden Verwundeten und Kranken auf. „Den zweiten März, also am Fastnachtstage 1813, trafen die ersten Wagen mit solchen unglücklichen Soldaten hier ein. Es war ein trauriger Anblick, diese Soldaten zu sehen; krank, mit erfrorenen Händen und Füßen, mit schlechter Bekleidung versehen, mussten das größte Mitleid erregen." Meist waren es Sachsen, die in den Räumen des Schlosses erste primitive Hilfe fanden. In wenigen Tagen war das Schloss voll belegt. Bald aber brach „ein bösartiges Nervenfieber" (Hungertyphus) aus, das auch die Bevölkerung der Stadt nicht verschonte und zahlreiche Opfer forderte. Da der Friedhof die vielen Toten nicht mehr aufnehmen konnte, begrub man die Soldaten im Wald, und zwar dort, wo der Erdmannsdorfer Weg, der Kunnersteinweg und der Weg nach dem Tiefen Graben von der Hennersdorfer Straße abzweigen.
Nach dem Abschluss des preußisch-russischen Bündnisses rückten die Verbündeten im Frühjahr 1813 in Sachsen ein. Am 3. Osterfeiertag tauchten die ersten Kosaken in der Stadt Schellenberg (Augustusburg) auf und machten Quartier für ein nachfolgendes russisches Infanterieregiment, das auch die umliegenden Orte belegte. Die großen Truppenbewegungen im Sommer und Herbst 1813 brachten weitere Einquartierungen von Preußen, Russen, Österreichern und Franzosen.
Im engen Zusammenhang mit dem Aufmarsch der Verbündeten gegen die in Sachsen operierenden Armeen Napoleons standen die Gefechte um Augustusburg vom 1. bis 6. Oktober 1813: Die Böhmische Armee unter Feldmarschall Karl von Schwarzenberg (1771 bis 1820) hatte den Erzgebirgskamm überschritten und hielt das Gebirge, vor allem aber die hiesige Gegend besetzt, während die Franzosen unter dem Oberbefehl des Königs von Neapel, Murat (1767-1815), in der Gegend von Oederan lagen. Am 1. Oktober kam es bei Falkenau zu ersten Gefechtsberührungen, aus denen sich im Verlaufe der folgenden Tage zum Teil erbitterte Kämpfe im Raum Plaue-Flöha-Falkenau entwickelten. Sie endeten schließlich am 7. Oktober mit dem Abzug der Franzosen.
Während des Vormarsches der Böhmischen Armee weilte für kurze Zeit auf dem Schloss Augustusburg auch ihr Oberbefehlshaber Karl v. Schwarzenberg. HARNISCH weiß als Augenzeuge zu berichten, dass er sich mit mehreren Generalen im Lindenhaus einquartierte.
„Sie hatten Landkarten ausgebreitet, und es wurde berathen, wohin die Armee ihren Marsch nehmen sollte". Man entschied sich für den Marsch über Chemnitz und brach noch am gleichen Tage (13. Oktober) auf. Die engen Gebirgsstraßen sollen tagelang mit durchziehenden Truppen voll gestopft gewesen sein. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig (16.-18. Oktober 1813) fanden im Schlosslazarett verwundete und kranke Franzosen Aufnahme. Die erneut ausgebrochene schreckliche Krankheit wütete verheerend unter den Soldaten und raffte den größten Teil hinweg. Ihre Toten wurden ebenfalls, wie HARNISCH schreibt, „in Wagen in den Wald gefahren und dort begraben, wo schon früher die Sachsen" ihr Grab fanden. Noch heute wird diese Waldecke als „Franzosenfriedhof" bezeichnet.
Als in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts die demokratische Bewegung in Deutschland immer weiter um sich griff, überall der Protest gegen die bestehenden feudalen Verhältnisse, gegen die politische und wirtschaftliche Zersplitterung immer mehr wuchs, blieb es auch im Land um die Augustusburg nicht ruhig. Unter dem Einfluss der Märzkämpfe 1848 schlossen sich die Fabrikspinner der hiesigen Baumwollspinnereien Anfang 1849 zu Deutschen Arbeitervereinen zusammen und traten mit sozialen und politischen Forderungen auf. Gemeinsam mit den vom fortschrittlichen Bürgertum vielerorts gegründeten Vaterlandsvereinen kämpften sie für eine Veränderung der herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Als sich Anfang Mai 1849 die Demokraten Dresdens erhoben, um die Einführung der von der Nationalversammlung entworfenen Reichsverfassung zu erzwingen, eilten viele Patrioten aus der hiesigen Gegend zur Unterstützung des Freiheitskampfes in die Landeshauptstadt. So zog z. B. am 5. Mai 1849 eine Freischar von 94 Mann aus dem nahen Zschopau nach Dresden. Ein weiterer Zug von etwa 300 Männern aus Zschopau und Umgebung setzte sich am 7. Mai unter der Führung des Zschopauer Kantors Carl Geißler (1802-?) in Marsch.

Pfarrer Ludwig Würkert

Er und vor allem der Zschopauer Pfarrer Ludwig Würkert (1800 - 1876), der als Bezirksobmann der Vaterlandsvereine von Zschopau, Marienberg, Wolkenstein und Umgebung mutig für die Einheit Deutschlands und die Demokratie eintrat, waren die Führer dieses Volkskampfes in unserem Heimatgebiet. Nach der Niederwerfung des Dresdner
Aufstandes hielt die Reaktion grausame Abrechnung. Die Maikämpfer wurden verfolgt, Vaterlands- und Arbeitervereine verboten und die der königlichen Regierung abgetrotzten demokratischen Freiheiten unterdrückt. Allein aus Zschopau standen 120 Männer vor Gericht. Ludwig Würkert wurde am 13. Mai 1849 unmittelbar nach seiner Predigt in der Zschopauer Kirche verhaftet und mit Geißler und zwei anderen Zschopauer Führern unter starker Militärbewachung auf die Augustusburg gebracht. Neben diesen vier waren von 1849 bis 1851 noch 24 andere aufrechte Patrioten unserer Heimat im damaligen Gefängnis im Torhaus als Untersuchungsgefangene eingekerkert. Würkert musste bis März 1850 in einer Einzelzelle schmachten, wurde im Dezember 1850 erneut verhaftet, in Zschopau gefangen gehalten und im Juni 1851 von der Reaktion zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt. Unter der Oberaufsicht des damaligen Justizamtmannes Friedrich August Förster waren die Verhafteten auf der Augustusburg einer äußerst schikanösen Behandlung ausgesetzt. Entlassungsgesuche von im Gefängnis schwer erkrankter Gefangener (darunter auch Würkert und Geißler) lehnte Förster entschieden ab. Er führte auch die Aufsicht über die gerichtlichen Untersuchungen, bei denen Erpressungen und Meineide zur Regel gehörten. Den Eid konnten grundsätzlich nur Belastungszeugen leisten. Förster war es auch, der es in den aufregenden Maitagen 1849 verstand, die Kommunalgarden und die Bevölkerung von Stadt Schellenberg (Augustusburg), Hennersdorf, Erdmannsdorf, Grünberg und Hohenfichte vom Zuzug nach Dresden abzuhalten.
In den folgenden Jahrzehnten blieb es im Schloss, das 1831 fiskalisch (staatliches Eigentum) geworden war, verhältnismäßig ruhig. Lange Zeit war es Sitz des Königl. Amtsgerichts, des Königl. Rentamts und der Königl. Revierverwaltung. Die mehr oder weniger guten Pläne, das Schloss besser zu nutzen, bzw. in Ordnung zu halten, scheiterten alle an den politischen Verhältnissen und an der unzulänglichen Betreuung. So z. B. auch die gut gemeinte Gründung eines so genannten Erzgebirgs-Verkehrs-Museums vor dem 1. Weltkrieg. Die Möglichkeiten zur besseren Nutzung schuf man erst in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts. Von 1921 bzw. 1923 bis 1933 bestand eine Jugendherberge und im Hasenhaus ein Erzgebirgsmuseum.
In der Zeit des Kapp-Putsches im März 1920 versuchte die Reaktion im Schloss ein Waffenlager einzurichten. Schon Tage vor dem geplanten Gewaltstreich hatten die KPD-Genossen von Augustusburg beobachtet, dass in den Abendstunden Lastautos zum Schloss fuhren und hinter eilig geschlossenen Toren entladen wurden. Trotz großer Schwierigkeiten aber lüfteten sie bald das Geheimnis dieser abendlichen Frachten. Schnell begriffen sie die Situation, holten sich Verstärkung aus Flöha und fuhren am 13. März mit einem Lastauto im Schlosshof vor. Dann ging es zum Amtmann des damaligen Rentamtes, der den Schlüssel für das Waffenlager besaß. Zitternd händigte er diesen aus, als er die entschlossene Gruppe vor sich stehen sah. Sie fanden mehrere Kisten Munition, 130 Gewehre und verschiedene Ersatzteile.
Am 17. Juni 1923 war das alte Schloss Zeuge einer gewaltigen Kundgebung der Sozialdemokratie. Im Kampf für eine proletarische Einheitsfront gegen die immer erbarmungsloser werdende kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung hatte die KPD, Unterbezirk Chemnitz, alle proletarischen Hundertschaften und alle Arbeiter der Umgebung zu einem Massenmeeting auf die Augustusburg eingeladen. Tausende waren diesem Ruf gefolgt, demonstrierten durch die Stadt und fanden sich schließlich auf dem Schloss zu einer machtvollen Kundgebung ein. Zu den Massen, die den weiten Schlosshof bis in die äußersten Winkel füllten, sprachen einige Genossen von ausländischen Bruderparteien und der bekannte Arbeiterfunktionär des Chemnitzer Industriegebietes, Fritz Heckert (1884--1936).
Leider brachte der jahrelang von der KPD geführte Kampf durch den Verrat rechter SPD-Führer nicht die geschichtlich so notwendig gewordene Einheit der Arbeiterklasse. Mit Hilfe des Finanzkapitals und des Junkertums kam der Faschismus an die Macht, der das deutsche Volk schließlich in den tiefsten Abgrund seiner Geschichte stürzte. Diese Zeit der schwärzesten Reaktion, des blutigen Terrors und des grausamsten Raubkrieges prägte auch die Geschichte des Schlosses Augustusburg.
Wie überall tobten die Nationalsozialisten im Chemnitzer Industriegebiet. Kommunistische und andere Arbeiterfunktionäre wurden verfolgt, eingekerkert, gefoltert und ermordet. Bald waren die Gefängnisse, Zuchthäuser, die so genannten Schutzhaftlager und die berüchtigten Konzentrationslager gefüllt. Im Schloss Augustusburg richteten die Faschisten eine „Gauführerschule" ein. Bevor dieser alte historische Bau jedoch die unrühmliche Rolle spielen sollte, schleppten die Nazis aus den umliegenden Schutzhaftlagern und Gefängnissen vor allem verhaftete KPD-Genossen auf das Schloss, die dort umfangreiche Umbauten vornehmen mussten.
Im Sommer 1933 waren es etwa 120 Häftlinge, die unter Bewachung von SS-Banditen, von diesen tyrannisiert und mit Gummiknüppel traktiert und angetrieben, die Arbeiten zu leisten hatten, wie z. B. Durchbrüche für neue Türen und für die Heizungsanlagen. Auf der anderen Seite wiederum mussten Türen und alte Abortanlagen zugemauert, elektrische Anlagen verlegt, Waschanlagen gebaut und allgemeine Aufräumungsarbeiten geleistet werden. Soweit es den Genossen möglich war, versuchten sie von ihrer Zwangsarbeit Spuren für die Nachwelt zu hinterlassen. Anfang des Jahres 1959 fand man z. B. bei der Freilegung einer 1933 zugemauerten Tür in einer Blechdose Aufzeichnungen und Anschriften von zwei jungen Genossen, die aus Leipzig stammten. Bei ihrer „Umgestaltung" des Schlosses in eine Gauführerschule, die übrigens unter der Schirmherrschaft des berüchtigten Nazigauleiters Mutschmann stand, machten die Faschisten auch nicht halt vor dem mit großen Opfern und Geldmitteln aufgebautem Erzgebirgsmuseum. Es wurde ausgeräumt und die vielen Gegenstände und Schaustücke nach einem bis heute unbekannt gebliebenen Ort transportiert. Vieles ging dabei in die Brüche und wanderte in die Heizkessel. Die wertvollsten Stücke jedoch stahlen die SS-Schergen und versuchten die Diebstähle den Häftlingen unterzuschieben.
Den Fürstensaal richtete man zu einem Lehr- und Kinosaal her und zwang einen Häftling, der Maler war, das Bildnis Hitlers in Überlebensgröße an die Wand zu malen. Wie ehemalige Häftlinge berichten, musste dieser Maler auf Befehl der SS auch Korrekturen an den Hasenmalereien vornehmen.
Nicht selten kam es vor, dass die SS-Banditen Genossen in das Wachlokal am Südportal oder in die Keller unter dem Fürstensaal schleppten und dort brutal zusammenschlugen. Viele wurden auch in die Kerker des Torhauses geworfen und dort als Einzelhäftlinge misshandelt. Während des 2. Weltkrieges benutzten die Faschisten das Schloss vorwiegend als „Wehrertüchtigungslager". Hier sollte, vor allem in der letzten Phase des wahnsinnigen Raubkrieges, die zum Teil noch halbwüchsige Jugend zur Rettung des „Tausendjährigen Reiches" für die Fronten reif gemacht werden. Doch das Ende der faschistischen Gewaltherrschaft war nicht mehr aufzuhalten. Als in den Nachmittagsstunden des 7. Mai 1945 die ersten Panzer der Roten Armee vor Augustusburg auftauchten und einige Male als Warnung ihre Kanonen sprechen ließen, zerstob der ganze faschistische Spuk wie Spreu im Wind. Fluchtartig verließen die wenigen Landser das Schloss, warfen ihre Waffen weg, liefen in die Wälder und waren froh, endlich dem braunen Wahnsinn entronnen zu sein.
Am 8. Mai 1945 war der Zusammenbruch besiegelt. Eine sich auflösende Verwaltung, ausgeplünderte Warenlager, in Grund und Boden gewirtschaftete, stillgelegte oder zerstörte Fabriken, zerbombte und ausgebrannte Städte und Dörfer, 5½ Millionen Tote, Millionen Obdachlose, Krüppel, Witwen und Waisen, Hunger, Not und Seuchengefahr waren das furchtbare Erbe dieses unmenschlichen, verbrecherischen Gewaltregimes. Verwahrlost, verkommen und ausgeplündert stand die Augustusburg auf dem Schellenberg.

Schloss Augustusburg von der Nordseite her gesehen

Schloss Augustusburg auf einem historischen Foto

1. Feudaljagd und Hofhaltung
2. Wirren der Kriege bis 1945
3. das Schloss Augustusburg bis heute

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Kursfürst August I. nach einem Gemälde von Lukas Cranach d. J.

Anna von Dänemark, Augusts Gemahlin nach einem Gemälde von Lukas Cranach d. J.

Hieronymus Lotter

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1. Feudaljagd und Hofhaltung history menue scroll up

Fast vier Jahrhunderte steht das Schloss.Augustusburg auf dem Schellenberg. Fürsten und Bauern, Feldherren und Soldaten, königstreue Beamte und Freiheitskämpfer, Faschisten und Arbeiter prägten seine Geschichte. Als es gebaut wurde, galt Kursachsen als eines der wirtschaftlich und politisch stärksten deutschen Länder. Unter der Herrschaft der Kurfürsten Moritz und August hatte sich eine mehr oder weniger von den Ständen unabhängige landesherrliche Gewalt herausgebildet, die durch ihre Zentralisierung und durch den für damalige Verhältnisse gut organisierten Verwaltungsapparat die Entwicklung des Landes wesentlich beeinflusste.
Die Vergrößerung des landesherrlichen Besitzes durch Erwerb adliger Güter, die Beschränkung der Sonderrechte verschiedener Grundherren und die Bildung und der Ausbau von Ämtern im ganzen Land, die der Regierung des Landesfürsten unmittelbar unterstellt waren, verstärkte den Machteinfluss des Kurfürsten ganz besonders und schwächte die Macht des niederen Adels. Rasch schritt die Entwicklung zum absolutistischen Territorialstaat voran.

Wildschweinjagd nach Petrus Crescentiis, "Neu Feld- und Ackerbau", Frankfurt am Main, 1583 - Foto: Museumsarchiv

 
Mit dem Wachsen der Macht des Landesfürsten steigerte sich auch seine Sucht nach Prunk und Repräsentation. Sie fand ihren Niederschlag u. a. in der prunkvollen Hofhaltung, in pompösen Hofjagden und im Bau von Schlössern, die einzig und allein diesen Zwecken zu dienen hatten. Bis in das 18. Jahrhundert war das Schloß Augustusburg Jagdsitz der sächsischen Kurfürsten. August I., Christian I., Christian II. und Johann Georg I. wohnten sehr oft mit großem Gefolge in den zahlreichen Gemächern, hielten hier Hof und veranstalteten kostspielige und prunkvolle Hofjagden. Damals zählte die Jagd zu den Hauptbelustigungen der Fürsten und war ausschließlich adliges Privileg. Dieser „noblen Passion", deren Unantastbarkeit mit zäher Verbissenheit jahrhundertelang überwacht und deren Verletzung mit strengen Strafen geahndet wurde, gingen die Herren mit Eifer, ja mit wahrer Jagdwut nach.
Der Wert des Wildes als Nahrungsmittel spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Das Jagen und Hetzen der Tiere, das Vergnügen an der Tötung war für die Feudalherren die Hauptsache. Im Besitz der Macht des Jagdbannes schalteten und walteten sie ganz nach ihren Launen. Der Bauer hatte aufgehört, Mensch zu sein, stand für den Herrn unter dem Vieh und rangierte hinter dem Jagdwild. Er mußte Treiberdienste verrichten, Jagdzeug und Wildbret fahren, Wolfsjagddienstgelder zahlen, Futter für die herrschaftlichen Pferde abliefern und sie während der oft wochenlangen Hofjagden in seinem Stall mit unterbringen und betreuen. Schon 1571 kümmerte sich August I. darum, „was zum Schellenbergk die Bürger itziger Zeit vor stallungen haben, dorinnen man sich notwendig behelffen" konnte. Dabei war es durchaus keine Ausnahme, daß Pferde sogar im Wohnhaus stehen mußten.
Mit welchem Aufwand von Menschen die Fürsten die Jagd in den Wäldern des Erzgebirges betrieben, zeigt folgendes Ereignis: Johann Georg I. hatte 1621 in der weiteren Umgebung Annabergs eine Hauptjagd angesetzt. Als aber die Jagd beginnen sollte, mangelte es an Treibern und Hunden, obgleich sich an die 700 Bauern befehlsgemäß eingefunden hatten. Dem Kurfürsten war diese Anzahl zu gering. Er verlangte 2 200 Mann. Da ihm der für die Bereitstellung von Treibern verantwortliche Amtsschösser aber keinen einzigen mehr bringen konnte, schlug ihn der Fürst mit seinem Stock an Ort und Stelle nieder. Dann ließ er den blutigen Geprügelten fesseln und an den Wildbretwagen binden.
Die drückenden Lasten der Jagdfronen erhöhten sich noch durch das für die Jagdvergnügen der Herren in großen Mengen gehegte Wild, das gewaltige Schäden an den Feldfrüchten anrichtete. Diese Landplage währte bis in das 19. Jahrhundert. Im Jahre 1727 z. B. beschwerten sich die Bauern aus 30 Gemeinden des mittleren Zschopaugebietes über die furchtbaren Wildschäden und baten den Landesfürsten, sie vor dem völligen Ruin zu bewahren. Doch nichts geschah. Das Rotwild hatte in dieser Gegend „bißhero sich dergestallt gehäuffet, daß immer zu 20, 30 bis 50 Stücken beysammen stehen, welches dann nicht nur an den Feldfrüchten mit zertreten und abfreßen gar unbeschreiblichen Schaden thut", sondern auch viele Bäume in den Gehölzen, in Gärten und auf den Dorfplätzen schälte. Nicht selten kam es vor, daß das Rotwild „sogar zur Frühlingszeit hinein in die Dörffer kömbt, und die Pflanzen und Saamen-Strünke abfrißt, darbey auch so zahm worden, daß es vor Personen gar nicht mehr weichet". Groß war auch der Schaden, den die Wildschweine anrichteten. Wegen Behinderung des Wildes verbot Kurfürst August I. sogar zeitweise für manche Dörfer die Einfriedigung ihrer Felder. Wehe dem Bauern, der sich in Sorge um seine Ernte irgendwie am herrschaftlichen Wild vergriff. Ihm drohten furchtbare Strafen. Für sogenannte leichtere Fälle gab es gewöhnlich Zwangsarbeit (s. Abschnitt „Der Bau des Schlosses").
Oft wurde diese Strafe noch verschärft durch das Aufsetzen der berüchtigten Wildererkappe. Ein solches Marterinstrument bestand aus einem eisernen Reifen, an dem ein Hirschgeweih befestigt war, das der Sträfling ständig auf seinem Kopf zu tragen hatte. Weitere Strafen waren Ausstechen der Augen, Abhauen der Hand, Wippen, Stäupen usw. Das Töten von Wilddieben lohnte man zuweilen als Ansporn für andere Forstleute mit klingender Münze. So bekam z. B. 1590 der Förster Mathes Kluge aus Mittweida für die Erschießung eines Wilddiebes von Christian I. die hohe Summe von 100 Gulden. Damit seine Wälder Ruhe vor fremden Hunden hatten, befahl er 1588, allen Bürgers- und Bauernhunden Holzknüppel vorzuhängen. Als diese Maßnahme aber nicht genügend half, verordnete er eine noch größere Grausamkeit. Allen Hunden, die die Untertanen mit auf die Felder nahmen, mußte eine Vorderpfote abgehauen werden. Kurfürst Christian IL waren die Jagdmandate seiner Vorgänger aber noch zu mild. Bei ihm gab es für Wilddiebstahl ohne Rücksicht den Galgen. So brutal und herzlos die Feudalherren die Menschen behandelten, so roh und gefühllos gingen sie auch mit dem Jagdtier um.
Am liebsten betrieben sie die Parforcejagd, eine Hetzjagd, die im 11. Jahrhundert zuerst in Frankreich eingebürgert und mit viel Prunk und enormen Kosten später auch in den Wäldern um Augustusburg geübt wurde. Auf diese Art jagte man hauptsächlich den Hirsch. Nachdem auf der Ansuche (Pirsch) ein starker Hirsch aufgespürt war, hatte vor Beginn der Jagd ein Besuchsknecht (erfahrener, hirschgerechter Jäger) das Wild zu bestätigen und zu sprengen (aus dem Versteck zu treiben). Daraufhin erfolgte die Anjagd und die Verfolgung durch eine Meute von 100 bis 160 Hunden und 20 bis 50 berittenen Jägern. Nach wilder Hetze stellte sich der erschöpfte Hirsch meist den wütend angreifenden Hunden und nahm mit letzter Verzweiflung den Kampf auf. Der auf Hornsignale herbeigeeilte fürstliche Jagdherr trat dann im geeigneten Augenblick an den niedergekämpften Hirsch heran und gab ihm mit dem Hirschfänger den Fang (Todesstoß).
Eine besondere Jagdbelustigung war den Herren die Beizjagd. Diese Jagd mit abgerichteten Falken und Habichten nahm in der Weidmannskunst den ersten Rang ein. Kurfürst August I. und seine Nachfolger unterhielten zunächst bis 1727 in Dresden und dann bis 1763 in Kalkreuth bei Großenhain kostspielige Falkenhöfe, in denen man viele dieser edlen Greifvögel abtrug (abrichtete). Auf den Programmen der großen Hofhaltungen im Schloß Augustusburg fehlten daher auch pompöse Beizjagden nicht. Ihnen widmete August I. sogar einen ganzen Schloßsaal.
Den Abschluß der Jagden bildeten große, oft tagelang währende Feste. In der Regel arteten diese in maßlose Völlerei und Schlemmerei aus. Die Trunksucht war am sächsischen Hof nichts Besonderes, und Kurfürst Christian II. war - wie Bauer im „Deutschen Fürstenspiegel" feststellte - „ein wahres Unmaß von schier täglicher Vollsuffigkeit und Unfläterei". 1610 weilte dieser Fürst als Gast am kaiserlichen Hof in Prag und erregte dort durch seine Sauferei allgemeines Aufsehen. Er rühmte sich hinterher noch, in der Kaiserstadt fast keine Stunde nüchtern gewesen zu sein.
An der Tafel des sächsischen Hofes saß man nicht selten sieben Stunden. „Außer übermäßigem Essen und Trinken gab es keine Unterhaltung. Der betrunkene Kurfürst (Christian II.) machte nur dann und wann eine unflätige Bemerkung und brachte die Gesundheit eines Fürsten aus, schüttete oft den Dienenden den Rest des Bechers ins Gesicht oder gab dem Hofnarren Ohrfeigen." (Bauer, Deutscher Fürstenspiegel)
Jeder kann es sich selbst ausmalen, welche Formen die Feste der Herren nach Hofjagden in den Räumen und Sälen der Augustusburg angenommen haben mögen. Beredte Beweise
 


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der Schlosshof nach einer Lithografie von Hans Rudolph, Flöha

 



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© Samuel-von-Pufendorf-Gymnasium Flöha © Frank Rost August 2005